Tabakgesetz droht schon wieder der Absturz
Fünf Jahre Diskussion sind zum Rauchen

Soll Tabakwerbung weiter eingeschränkt werden? Um diese Frage streitet sich das Parlament seit Jahren. Nun liegt – im zweiten Anlauf – ein Kompromiss auf dem Tisch. Doch er droht in letzter Sekunde zu scheitern.
Publiziert: 30.09.2021 um 20:03 Uhr
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Das neue Tabakgesetz sieht strengere Regeln für Werbung für Zigaretten und andere Tabakprodukte vor.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Fünf Jahre hat das Parlament um strengere Vorschriften für Zigarettenwerbung gerungen. Nun droht das neue Tabakgesetz zum zweiten Mal abzustürzen – wegen einer unheiligen Allianz zwischen Linken und SVP.

Den Linken geht das Gesetz viel zu wenig weit. «Es ist völlig ungenügend», sagt SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (42). «Wirksame Massnahmen für einen effizienten Jugendschutz fehlen.» Künftig soll Tabakwerbung zwar in der ganzen Schweiz in Kinos, in öffentlichen Verkehrsmitteln und auf Sportplätzen verboten sein. In Zeitungen, Zeitschriften und im Internet ist Zigarettenwerbung hingegen weiterhin zulässig – es sei denn, es handelt sich um Medien oder Seiten, die sich explizit an Minderjährige richten. Auch beim Sponsoring bleibt vieles erlaubt.

Linke nimmt Absturz in Kauf

SP und Grüne werden das Gesetz deshalb in der Abstimmung am Freitag ablehnen, wie die Fraktionen gegenüber Blick bestätigen. Auch wenn sie damit riskieren, dass die Vorlage bachab geht. «Das nehmen wir in Kauf», sagt SP-Parlamentarierin Wasserfallen. Mit dem Gesetz würde sich in Realität sowieso kaum etwas ändern. «In den meisten Kantonen gelten heute bereits strengere Regeln», sagt sie.

Die SVP hat sich am Donnerstagabend lange beraten. Tendierte man erst ebenfalls zu einem Nein, schwenkte man später auf Enthalten um. Ob eine Mehrheit dieser Empfehlung folgen wird, wird sich zeigen. Der SVP geht das Gesetz im Gegensatz zu den Linken zu weit. SVP-Nationalrat Andreas Glarner (58) sprach in der Debatte von Bevormundungspolitik und warnte vor negativen Konsequenzen für die Schweizer Wirtschaft.

Verschärft und wieder verwässert

Ein erster Vorschlag für ein Tabakgesetz löste sich 2016 in Rauch auf. Dem Parlament war der Entwurf des Bundesrats zu restriktiv. Drei Jahre später lag eine überarbeitete, deutlich schwächere Variante auf dem Tisch – die dem Ständerat dann aber wiederum zu lasch war. Er verschärfte das Gesetz. Bevor es unter dem Druck der Tabaklobby im Nationalrat erneut verwässert wurde.

Ein Grund für das Hin und Her ist die Tabak-Initiative, die nächstes Jahr zur Abstimmung kommen dürfte und ein umfassendes Werbeverbot für Tabakprodukte will. Die Linken befürworten das Volksbegehren. Die Tabaklobby, und mit ihr die Bürgerlichen, bibbern davor. Ihnen wäre ein – möglichst zahnloses – Gesetz als Gegenvorschlag zur Initiative recht. Es würde als Munition im Abstimmungskampf dienen.

Dessen ist sich die Linke bewusst – und will den Gegnern diesen Gefallen nicht machen. Auch wenn damit fünf Jahre Ringen möglicherweise nur eins waren: zum Rauchen.


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