Schwule dürfen in der Schweiz kein Blut spenden. Weil sich in den 80er-Jahren weltweit Tausende Personen an HIV-infiziertem Spenderblut angesteckt hatten.
Nicht die Homosexualität sei der Grund für den Ausschluss, sagt Peter Balzli vom zuständigen Heilmittelinstitut Swissmedic, sondern «das risikoreiche Sexualverhalten dieser Gruppe, gleich wie beispielsweise bei der ebenfalls risikoreichen Prostitution».
Wie bitte? Swissmedic vergleicht das Sexualverhalten von homosexuellen Männern mit jenem von Prostituierten. Und erntet dafür heftige Kritik. «Dieser Vergleich erschüttert mich», sagt BDP-Fraktionschefin Rosmarie Quadranti. «Homosexuelle Personen haben nicht per se wechselnde Partner», sagt der homosexuelle SP-Nationalrat Martin Naef. Und selbst die nicht gerade gayfreundliche SVP kritisiert Swissmedic: «Es gibt Promiskuität sowohl bei Homo- als auch bei Heterosexuellen», so Nationalrat Christoph Mörgeli. Für Doris Fiala (FDP) schliesslich ist die Aussage eine «unzulässige Diskriminierung».
Swissmedic verteidigt sich: «Die HIV-Rate bei homosexuellen Männern ist signifikant höher als bei der übrigen Bevölkerung», sagt Balzli. In der Tat kommt eine HIV-Infektion in der Schweiz bei drei von 1000 Personen vor. Bei schwulen Männern sind es 100 Ansteckungen pro 1000. Balzli: «Wenn wissenschaftliche Studien über die Schweiz eine neue Faktenlage belegen, welche eine Praxisänderung erfordern, dann handelt Swissmedic.»
Politiker von links bis rechts verlangen, dass die Behörde jetzt handelt. Die BDP fordert in einem gestern eingereichten Vorstoss, das Blutspendeverbot für Schwule aufzuheben. Sowohl SP-Naef als auch SVP-Mörgeli unterstützen diesen. Letzterer sagt: «Alle Blutspender sollen grundsätzlich zugelassen, aber genau überprüft werden.» Doris Fiala ergänzt: «Wenn es zutrifft, dass heute Blutkonserven getestet werden, gibt es keinen Grund, Homosexuelle auszuschliessen.» International geht der Trend Richtung Öffnung: So dürfen in den USA künftig Schwule und bisexuelle Männer unter bestimmten Voraussetzungen Blut spenden. Auch Grossbritannien ist kürzlich von einem lebenslangen Verbot abgewichen.
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg urteilte jedoch letzte Woche, ein Blutspendeverbot für Schwule sei legitim. Allerdings, so die Richter, müsse geklärt werden, ob es keine geeigneten Alternativen zu einem Ausschluss gebe. Etwa wirksame Testmethoden oder eine genaue Befragung zum Sexualverhalten.