Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl kämpft für Sion 2026
Herr der Ringe

Die Olympischen Spiele in die Schweiz zu holen, ist sein erklärtes Lebensziel. Doch SVP-Nationalrat und Swiss-Olympic-Präsident Jürg Stahl steht ein steiniger Weg bevor.
Publiziert: 07.03.2018 um 15:11 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:25 Uhr
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Jürg Stahl weibele an den Olympischen Winterspielen in Pjöngjang für die Schweizer Kandidatur.
Foto: KEYSTONE
Marcel Odermatt und Simon Marti

Voller Überschwang kehrte Jürg Stahl (50) nach drei Wochen Pyeongchang in die Schweiz zurück. «Die Begeisterung in Korea war unglaublich – 15 Schweizer Medaillen!» Diese Euphorie will der Zürcher SVP-Nationalrat, der das Organisa­tionskomitee der Walliser Olympia-Kandidatur Sion 2026 prä­sidiert, jetzt nutzen: «Um die Spiele endlich wieder in die Schweiz zu holen!»

Doch kaum hatte Stahl die Winterkulisse in Südkorea gegen den einheimischen Schnee getauscht, musste er feststellen: Von Olympia-Fieber ist hierzulande wenig zu spüren.

Wallis stimmt am 10. Juni ab

Am 10. Juni stimmen die Walliserinnen und Walliser über die Kandidatur von Sion für die Winterspiele 2026 ab, und schon am Dienstagabend versuchte Stahl drei Stunden lang, seine Parteikollegen aus der Unterwalliser SVP für die Ja-Parole zu gewinnen.

Das Resultat: 26 Nein zu sieben Ja. «Nach den Erfolgen der Schweizer in Korea war dieser Entscheid natürlich schon ernüchternd», sagt Stahl, der auch Swiss-Olympic-Präsident ist. «Ich finde es zudem schade, dass unser Konzept für nachhaltige Spiele so wenig Interesse weckt.» Man sei einfach dagegen, ohne viele Gründe zu nennen.

Auch in Bundeshaus gibts SVPler die gegen das Projekt sind

Generell läuft es derzeit harzig für die Promotoren von Sions Kandidatur. Vor wenigen Tagen entzündete Skilegende Pirmin Zurbriggen (55) ein Feuer auf dem Matterhorn, assistiert von FC-­Sion-Präsident Christian Constantin (61) und CVP-Staatsrat Christophe Darbellay (46). Dumm nur, dass OK-Präsident Stahl und der zuständige Walliser Sportminister Frédéric Favre (38, FDP) an diesem Tag bereits in Fernost weilten.

Was SVP-Mann Stahl jedoch am meisten zu schaffen macht: «Die Gegner sind zum Teil fast aggressiv. Man macht uns und die Befürworter für Fehler verantwortlich, die das IOC in der Vergangenheit gemacht hat.» Das sei nicht sportlich, hier dagegenzuhalten, extrem schwierig.

Nicht nur im Unterwallis hat es Stahl schwer, seine Partei zu überzeugen. Auch im Bundeshaus gibt es gewichtige Stimmen in der Rechtspartei, die gegen Olympia sind und eine schweizweite Volksabstimmung verlangen, nicht zuletzt Nationalrätin und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher (48, GR).

Am 13. März könnte sich entscheiden, ob es zur Abstimmung kommt

Jürg Stahl ist kategorisch gegen einen gesamtschweizerischen Olympia-Urnengang. Zwar will der Bundesrat die Bewerbung mit einer Milliarde Franken unterstützen, «einen nationalen Stimmentscheid lehne ich trotzdem ab».

Es gehe nicht an, dass bei diesem Geschäft plötzlich selektiv an die Urne gerufen werde: «Wir haben Institutionen, eine Verfassung, und diese gilt es zu respektieren. Sonst brauchen wir kein Parlament mehr!» Und schiebt die rhetorische Frage nach: «Warum können wir dann nicht über die Gelder im Asylwesen ab­stimmen?»

Ob es zur nationalen Abstimmung kommt, entscheidet sich womöglich am 13. März. Dann stimmt der Nationalrat über eine entsprechende Motion der Bündner Olympia-Gegnerin Silva Semadeni (66, SP) ab (Text unten).
Stahl mag sich gar nicht ausmalen, was ein Ja bedeuten würde. Die Hürde im Wallis ist für ihn schon gross genug. Dort ist – vier Monate vor dem Entscheid – bereits eine Art Kleinkrieg im Gange.

Frust wegen Freysinger-Abwahl

Ein Grund, warum die Unterwalliser SVP ihrem Kollegen Stahl eine Abfuhr erteilte, liegt möglicherweise im unverarbeiteten Frust über die Abwahl von Oskar Freysinger (57). Vor bald einem Jahr warfen die Walliser den ewigen SVP-Provokateur aus dem Staatsrat. Seither stellt sich die Partei quer und will keine Projekte des «offiziellen» Wallis mehr unterstützen.

Sicher ist: Bis Juni fliesst noch viel Wasser die Rhone hinunter. Und noch nicht alle Argumente sind auf dem Tisch. Einen Vorgeschmack liefert Stahl gegenüber SonntagsBlick. «Der Imagegewinn für unser Land wäre gewaltig: Olympia kennt keine Grenzen, keine Parteien.» Der Sport verbinde – dies zeige das Beispiel der verfeindeten Staaten Süd- und Nordkorea, die sich während der Spiele nähergekommen seien. Stahl: «Welch ein Gegensatz zu unserer vertrackten Europapolitik!» l

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