Swiss-Life-Chef Dörig verlangt bilateralen Marschhalt - Industrie-Vertreter Hess kontert
«Wir müssen schnell verhandeln»

Swissmem-Präsident Hans Hess (62) widerspricht Swiss-Life-Präsident Rolf Dörig (60). Für ihn wäre ein Marschhalt im EU-Dossier der falsche Weg. Hess setzt seine Hoffnungen in Aussenminister Ignazio Cassis (56).
Publiziert: 01.02.2018 um 08:30 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 18:31 Uhr
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Für Swissmem-Präsident Hans Hess ist der EU-Markt zentral.
Foto: Philippe Rossier
Pascal Tischhauser

BLICK: Swiss-Life-Präsident Rolf Dörig sagte im BLICK, die Schweiz dürfe bei der EU nicht als Bittsteller auftreten.
Hans Hess:
Diese Auffassung teile ich. Der Bundesrat muss eine klare Strategie festlegen und mit einer Stimme verhandeln. Ich setze meine Hoffnungen hier in Bundesrat Cassis. Aber wir müssen die Verhandlungen zügig weiterführen. Die Firmen der MEM-Industrie exportieren die Hälfte ihrer Produktion in die EU.

Aber nur für etwas mehr Marktzugang müssen wir doch nicht alles akzeptieren, oder?
Nein, es darf keinen Souveränitätsabbau geben. Aber der Prozess soll im Interesse der Schweiz und der EU einfacher und tragfähiger gestaltet werden. Ich bin optimistisch, dass wir mit der EU gute Lösungen finden.

Ist der EU-Markt für uns zentral? Die Zukunftsmärkte liegen doch woanders.
Die Wachstumsmärkte in Südamerika, Südostasien oder Indien sind für uns interessant, ja. Es ist wichtig, dort Freihandelsabkommen abzuschliessen. Die EU bleibt aber unser Schlüsselmarkt. Gerade für unsere KMU ist es problemlos möglich, mit Kunden in den Nachbarregionen Geschäfte zu machen. Nach Brasilien, Indien oder China zu gehen, ist aber für viele KMU unmöglich.

Wenn wir wegen der Bilateralen zu allem Ja sagen, könnten wir gleich der EU beitreten.
Nein. Wenn wir den bilateralen Weg weitergehen, vermeiden wir eben gerade die automatische Rechtsübernahme. Dann können wir weiter selbst bestimmen, was wir in der Schweiz anwenden wollen. Ich sehe keine vorteilhafte Alternative. Deshalb müssen wir diesen Weg jetzt sichern.

Muss die Guillotineklausel weg?
Das dürfte schwierig sein. Die Grundprinzipien des EU-Markts sind unzertrennbar miteinander verknüpft. Es gibt aber sicher Lösungen, die eine Streitbeilegung ermöglichen, die uns aus dieser Situation des «Alles oder Nichts» herausführt.

Und wie stehen Sie zur Personenfreizügigkeit?
Die Personenfreizügigkeit hat sich sehr bewährt. Das haben viele Studien gezeigt. Für 74 Prozent der Swissmem-Firmen sind sie wichtig bis unverzichtbar. Wir nehmen die Sorgen einer ungerechtfertigten Zuwanderung im Baugewerbe und in der Gastronomie ernst und tragen ihr mit der Umsetzung der MEI-Initiative Rechnung. Man muss dieser Lösung nun eine Chance geben.

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