SVP will, dass sie sich für ein Land entscheiden
Doppelbürger sollen nicht doppelt stimmen

Doppelbürger sind der SVP seit je ein Dorn im Auge. Nachdem sie Doppelbürgerschaften nicht beschränken konnte, will sie jetzt mehrfache Wahl- und Stimmrechte verhindern. Der dafür nötige Bürokratie-Aufwand schert SVP-Programmchef Peter Keller nicht.
Publiziert: 04.09.2018 um 14:44 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:04 Uhr
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Ein neuer SVP-Vorstoss verlangt, dass sich Doppelbürger für ein Land entscheiden sollen, wo sie abstimmen und wählen.
Foto: Keystone
Andrea Willimann

Im Kanton Aargau sollen die 9300 stimmberechtigten Auslandschweizer künftig bei den Ständeratswahlen mitentscheiden. Vergangene Woche hat der Aargauer Grosse Rat seine Zustimmung gegeben, und am 10. Februar 2019 hat das Aargauer Volk das letzte Wort dazu. Sagt es Ja, wäre es der elfte Kanton in der Schweiz, der Auslandschweizer nicht nur abstimmen, sondern auch Ständeräte wählen lässt.

Dagegen war im Aargau die SVP. Auch der Programmchef der nationalen SVP, Peter Keller (47), hat es auf die Auslandschweizer abgesehen. Zumindest auf diejenigen, die Doppelbürger sind und sowohl in ihrer Wahlheimat wie in der Schweiz wählen und abstimmen wollen.

Doppelbürger sollen sich zu einem Land bekennen

«Auslandschweizer, aber auch Ausländer mit Doppelpass in der Schweiz sollen sich für ein Land entscheiden, wo und wie sie ihr Abstimmungs- und Wahlrecht wahrnehmen wollen», fordert der Nidwaldner Nationalrat. Er nimmt damit die Doppelbürger-Diskussion vom Juli wieder auf, welche die Nati-Spieler Granit Xhaka (25) und Xherdan Shaqiri (26) mit ihrer Doppeladler-Geste ausgelöst und Alex Miescher (50), damals Generalsekretär des Schweizerischen Fussballverbands, befeuert hatte.

Das Doppelbürgerschaftsverbot war einmal

Konkret geht es aktuell um rund 1,5 Millionen Schweizer Bürger mit mehr als einem Pass. Im Visier stehen 916'000 Doppelbürger in der Schweiz und 560'000 Auslandschweizer mit zweiter Staatsbürgerschaft. Die meisten Doppelbürgerschaften entstehen durch die Geburt von Doppelbürger-Kindern.

2015 und 2016 forderten die SVP-Nationalräte Erich Hess (BE, 37) und Lukas Reimann (SG, 35), dass es bei zukünftigen Einbürgerungen die 1992 eingeführte doppelte Staatsbürgerschaft nicht mehr geben soll. Hess generell, Reimann zumindest bei Bürgern von Ländern, die selber keine Doppelbürgerschaften akzeptieren. Das sind rund die Hälfte aller Staaten. Lega-Politiker Lorenzo Quadri (TI, 43) und Peter Keller wiederum versuchten, Doppelbürgerschaften bei Bundesräten, Parlamentariern und Diplomaten zu verhindern. Alles ohne Folgen.

Neuer Vorstoss setzt auf «vernünftige Lösung»

Deshalb schreibt Keller seiner Partei erneut den Kampf gegen Doppelbürger ins Programm und lanciert in der Herbstsession eine Motion. Sie beauftragt den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass künftig jeder Bürger, jede Bürgerin nur eine Stimme hat – gemäss dem uralten demokratischen Prinzip und Recht «One Man, one vote» – «Ein Mann, eine Stimme». Wie er das kontrollieren soll, lässt Keller offen. Er ist sich aber sicher: «Es wird eine vernünftige Lösung geben.»

Der neuste SVP-Angriff auf Doppelbürger kommt auf politischen Samtpfoten daher. Von Doppelbürgerschafts-Verbot ist keine Rede: «Ich will niemanden benachteiligen, sondern demokratische Gerechtigkeit herstellen», sagt Keller. Ihn stört, dass Doppelbürgerschaften darauf hinauslaufen, mehr Privilegien zu bekommen: EU-Pass, Militärdienstpflicht ausweichen und doppeltes Stimmrecht, ohne doppelt Steuern zu zahlen. «Wir schaffen mit dem Doppelbürger-Stimmrecht klammheimlich eine Zweiklassen-Gesellschaft, eine Fünfer-und-Weggli-Mentalität», so Keller.

SVP-International-Chefin kritisiert das Vorhaben

Die Partei glaubt Keller in seinem Rücken. Nicht rechnen kann er aber mit der SVP International: Präsidentin Inge Schütz (68) erinnert daran, dass es «in unserer offenen und globalisierten Gesellschaft üblich ist, temporär für kürzere oder längere Zeit im Ausland zu leben.» Da sei es auch sinnvoll, weiter am politischen Leben in der Schweiz teilnehmen zu können.

Schütz zweifelt zudem an den Kontrollmöglichkeiten: «Dieser Vorstoss scheint mir rein administrativ sehr schwierig und teuer umsetzbar.» Sie wünscht sich daher lieber eine Verschärfung der Einbürgerungspraxis in der Schweiz.

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