Den Vergleich, den Verena Herzog (63) anstellt, sorgt für Kopfschütteln. Die SVP-Nationalrätin sieht Parallelen zwischen Krippenkindern und Verdingkindern: Die staatlichen Förder- und Erziehungsmassnahmen erinnerten «an das verwerfliche Gedankengut, mit welchem die Verdingkinder zur besseren Erziehung weggegeben wurden», so die Bildungspolitikerin in der SVP-Zeitung «Klartext».
SVP-Nationalrätin Nadja Pieren (39), die zusammen mit Herzog in der Bildungskommission des Nationalrats sitzt und Inhaberin einer Kinderkrippe ist, kritisiert ihre Parteikollegin: «Ich würde diesen Vergleich nie anstellen und distanziere mich davon», sagt sie zu BLICK. Die Bernerin stellt klar: «Kita-Kinder sind sicher keine Verdingkinder! Sonst wäre ich nicht Kleinkinderzieherin.» Das habe Herzog allerdings auch nicht so geschrieben.
«In die Kita zu gehen, schadet den Kindern sicher nicht»
Trotzdem zeigt Pieren kein Verständnis für die Äusserungen von Herzog: Es sei «sehr heikel», das Wort «Verdingkind» in diesem Zusammenhang zu verwenden. «Schliesslich sollte man diesen tragischen Teil unserer Geschichte nicht verharmlosen!» Verdingkinder hätten oftmals eine traurige und harte Jugend gehabt, sagt Pieren. «Kita-Kinder hingegen haben es sehr gut, das sehe ich in meinem Alltag selber.»
Es schade den Kindern sicher nicht, in die Kita zu gehen. Für die Kleinkinderzieherin steht ausser Frage: «Kita-Kinder haben eine genauso erfüllte Kindheit wie solche, die zu Hause aufwachsen!»
«Dauersubventionierung von Kitas» stören auch Kita-Inhaberin Pieren
Doch machen ihr die ständigen Angriffe von SVP-Exponenten auf Kitas keine Mühe? Erst letztes Jahr sorgte Toni Bortoluzzi (72) mit der Aussage für Wirbel, dass Kita-Kinder einen tieferen IQ hätten. Pieren sieht das natürlich völlig anders.
Kommentieren will die Kleinkinderzieherin diese parteiinternen Differenzen aber nicht. Sie sagt nur, dass sie als SVP-Verantwortliche für Familien- und Gesellschaftsfragen in die Parteileitung gewählt wurde: «Wenn die SVP gegen Kitas wäre, hätte ich diese Funktion wohl nicht.»
Und in einer Hinsicht ist Pieren einig mit Parteikollegin Herzog: Die «Dauersubventionierung von Kitas» sei auch ihr ein Dorn im Auge. Die Politik dürfe auf Kosten der Allgemeinheit nicht nur Kita-Plätze unterstützen und sich damit in die Wahl der Betreuungsmöglichkeit einmischen.