Heute nominiert die SVP St. Gallen Paul Rechsteiners (66, SP) Herausforderer. Vier Männer stehen zur Auswahl als Ständeratskandidaten, um dem früheren Gewerkschaftsboss den Sitz im Stöckli abzujagen. Ist es der Partei ernst, kommen aber nur zwei SVPler als Kandidaten in Frage.
Keine schlechten Chancen hätte Regierungsrat Stefan Kölliker (48). Laut BLICK-Informationen könnte er sich jedoch genauso in letzter Minute vor der heutigen Nomination in Rheineck SG zurückziehen wie Kantonalpräsident Walter Gartmann (50). Letzterer gilt ohnehin als chancenlos. Bleiben die beiden Nationalräte Roland Rino Büchel (53) und Mike Egger (26).
Mehr als doppelt so stark wie die anderen
Eigentlich wäre es eine klare Sache: Bei den Nationalratswahlen 2015 kam die St. Galler SVP auf einen Wähleranteil von 36 Prozent. Keine andere Partei hat auch nur halb so viele Stimmen auf sich vereint.
Doch Ständeratswahlen sind Personenwahlen. Obwohl die SVP St. Gallen mit Abstand am meisten Wähler hat, ist es schwierig, den dienstältesten Parlamentarier zu schlagen. Bei den letzten Wahlen 2015 holte Genosse Rechsteiner gerade in den kleineren Gemeinden, die tendenziell sonst eher bürgerlich wählen, viele Stimmen.
Egger hatte seine Chance
Mike Egger hat den Sprung ins Stöckli schon einmal verpasst: Bei der Ersatzwahl für die in den Bundesrat gewählte Karin Keller-Sutter (55, FDP) machte der CVPler Beni Würth (51) das Rennen. Hinter ihm platzierte sich die relativ unbekannte FDP-Kantonsrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (52). Egger war mit 22 Prozent der Wählerstimmen weit abgeschlagen.
Egger, der erst diesen Frühling für den Ex-Parteipräsidenten Toni Brunner (44) in den Nationalrat nachrückte, vermag in seinem Kanton also nicht einmal das SVP-Potenzial auszuschöpfen. Und um in den Ständerat einzuziehen, müsste er aber über die Parteigrenzen hinweg Stimmen sammeln.
Ist es der SVP mit dem Sturm aufs Stöckli ernst, bleibt nur Büchel. Der Aussenpolitiker hat sich in seiner Zeit als Präsident der Aussenpolitischen Kommission Respekt verschafft. Der Rheintaler politisiert auf Parteilinie, ein Rechtsausssen ist er nicht. Einen Namen hat sich Büchel als kritischer Kenner von internationalen Sportorganisationen wie dem Weltfussballverband Fifa gemacht. Er hat Chancen, auch von Anhängern anderer bürgerlicher Parteien Stimmen zu erhalten.
Bürgerliche zimmern Plan P
Es ist damit zu rechnen, dass bei den St. Galler Ständeratswahlen zu einem zweiten Wahlgang kommt. Um Rechsteiner dann zu schlagen, arbeiten bürgerliche Parteistrategen schon jetzt am Plan P – P wie Paul Rechsteiner, versteht sich.
BLICK weiss: Dazu laufen Gespräche zwischen SVP und der FDP für Zusicherungen, dass sich der schlechter Platzierte zugunsten des besseren Bürgerlichen zurückzieht, um den im Herbst bereits 67-jährigen Rechsteiner in den Ruhestand zu schicken.
Beweisen, dass man zwei Bürgerliche will
Auf Anfrage ist der FDP-Nationalrat und Ständeratskandidat Marcel Dobler (38) zurückhaltend. Er deutet den Plan P aber an: «Ich bin bei den Ständeratswahlen im Herbst sehr offen für eine Zusammenarbeit mit der SVP, aber auch mit der CVP.»
Und Büchel, auf den sich heute die Augen in St. Gallen richten, doppelt nach: «Wir von der SVP müssen beweisen, dass wir ernsthaft eine rein bürgerliche Kantonsvertretung in Bern wollen. Deshalb stelle ich mich zur Wahl.» Nach bald zehn Jahren im Nationalrat sei er bereit. Und auch er deutet Plan P an: «Im absehbaren zweiten Wahlgang müssen wir die bürgerlichen Stimmen dann bündeln.»
Doch damit der Plan P in die Tat umgesetzt werden kann, muss die St. Galler SVP heute Abend im Hotel Hecht erst einen aussichtsreichen Kandidaten nominieren.