SVP stellt sich gegen CVP-Richterkandidaten
Blocher übt späte Rache

Als Justizminister sah sich Christoph Blocher 2007 mit Komplottvorwürfen gegen die Bundesanwaltschaft konfrontiert – zu unrecht. Eine Rolle spielte damals auch Alberto Fabbri, der nun für das Bundesstrafgericht kandidiert. Die alte Rechnung will die SVP nun begleichen.
Publiziert: 11.06.2020 um 08:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2020 um 14:15 Uhr
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CVP-Kandidat Alberto Fabbri will Bundesstrafrichter werden.
Foto: BAA
Ruedi Studer

Alt Bundesrat Christoph Blocher (79) hat noch eine alte Rechnung offen: 2007 geriet der SVP-Übervater in der sogenannten Roschacher-Affäre in Verdacht, als damaliger Justizminister zusammen mit Privatbankier Oskar Holenweger ein Komplott zur Absetzung des früheren Bundesanwalts Valentin Roschacher (60) geschmiedet zu haben.

Die Vorwürfe lösten sich rasch in Luft auf. Doch die Affäre hallt bis heute nach. Denn: Nächste Woche wählt das Parlament einen neuen Richter für das Bundesstrafgericht in Bellinzona. Der Kandidat der CVP: Alberto Fabbri (53).

Dieser war 2007 Staatsanwalt des Bundes und als solcher in eine Untersuchung gegen Holenweger involviert – und damit auch in die Vorwürfe gegen Blocher. Im Nachgang zur Affäre zeigte sich, dass die Bundesanwaltschaft einige Fehler gemacht hatte. Ein Verfahren, das auch Fabbri betraf, wurde aber eingestellt. Und Blocher blitzte 2009 mit einer Beschwerde gegen die Verfahrenseinstellung beim Bundesstrafgericht ab.

Spektakuläre Kehrtwende

Jenem Bundesstrafgericht, an welches Fabbri nun gewählt werden will. Doch nicht mit den Stimmen der SVP. Die Fraktion hat sich am Dienstag einstimmig gegen Fabbri ausgesprochen. Denn dieser «war 2007 aktenkundig Teil einer Verschwörung gegen den damaligen Justizminister Christoph Blocher», schimpft die SVP in einer Mitteilung. Fabbri habe damals die parlamentarische Geschäftsprüfungskommission «nachweislich in die Irre geführt». Dem CVP-Mann mangle es an den «charakterlichen Eigenschaften», die es für das hohe Richteramt brauche.

Interessant dabei: Noch Ende Mai stellte die SVP-Fraktion den CVP-Kandidaten nicht infrage. Sie meldete der Gerichtskommission schriftlich ihre Unterstützung. Auch in der Kommission selbst, in welcher vier SVP-Vertreter sitzen, wurde die Personalie nie wegen der Roschacher-Affäre hinterfragt – aber aus anderen Gründen abgelehnt.

Doch am Dienstag folgte die Kehrtwende. Just am selben Tag, als Christoph Blocher höchst persönlich in der Fraktionssitzung auftauchte. Böse Zungen im Parlament behaupten nun, die SVP stelle sich gegen Fabbri, weil Blocher die damalige «Majestätsbeleidigung» bis heute nicht verwunden habe.

Trimmte Blocher die SVP auf Anti-Fabbri-Kurs?

Hat Blocher die SVP also noch rasch auf Anti-Fabbri-Kurs getrimmt, um eine alte Rechnung zu begleichen?

«Herr Blocher hat seine Sicht der damaligen Vorkommnisse geschildert», bestätigt Fraktionschef Thomas Aeschi (41). «Er war aber nicht der Auslöser für den neuen Entscheid.» Er habe anderweitig von den «früheren Fehlleistungen» Fabbris erfahren, so Aeschi, der selber in der Gerichtskommission sitzt. Daraufhin habe man den Fall intern nochmals diskutiert. «Mir persönlich war der Name nicht geläufig, das ist wohl meinem Alter geschuldet», räumt Aeschi ein.

Auch bei SVP-Nationalrat und Gerichtskommissionsmitglied Pirmin Schwander (58, SZ), der seit 2003 im Bundeshaus sitzt, machte es nicht gleich Klick. «Nach so vielen Jahren habe ich den Namen Fabbri nicht mehr mit dieser Affäre in Verbindung gesetzt», so Schwander. Als ihm aber wieder klar war, um wen es geht, kam eine Unterstützung nicht mehr infrage. «Seine fachlichen Qualitäten sind unbestritten», betont Schwander zwar. «Doch mit seiner Vorgeschichte fehlt uns die Vertrauensbasis. Der Bruch lässt sich auch nach 13 Jahren nicht kitten.»

Sondersitzung der CVP

Der Widerstand der SVP hat jedenfalls auch die CVP aus dem Busch geklopft. Diese setzte am Mittwochnachmittag ein Sondertreffen mit ihrem Kandidaten an, um seine damalige Rolle zu beleuchten. Resultat: Die Partei hält an ihrem Kandidaten fest. «Wir haben alle Einwände geprüft. Die Vorwürfe sind haltlos», sagt CVP-Fraktionschefin Andrea Gmür (55).

Damit stehen die Chancen für Fabbri gut, nächsten Mittwoch zum Bundesstrafrichter gewählt zu werden. «Nach jetzigem Wissensstand liegen keine triftigen Gründe vor, die gegen seine Wahl sprechen», sagt Gerichtskommissionspräsident und FDP-Ständerat Andrea Caroni (40, AR). «Hätte die SVP einen gravierenden Grund gefunden, wäre sie ja in der Pflicht, dies unserer Kommission zu melden und ein Rückkommen zu beantragen. Bisher sind keine derartigen Anträge bei mir eingegangen.»

Jedenfalls wird Fabbri von allen übrigen Fraktionen ausser der SVP zur Wahl empfohlen. Er kann der Blocher-Abrechnung also gelassen entgegensehen.

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