In einem Sitzungszimmer beim Flughafen Kloten: Nach hartem Feilschen reichen sich zwei Männer die Hand. Sie könnten kaum gegensätzlicher sein: Hier Peter Spuhler, SVP-Aushängeschild und erfolgreicher Stadler-Rail-Unternehmer. Da Corrado Pardini, bissiger Gewerkschafter und SP-Nationalrat.
Der Handschlag – eine erstaunliche Geste. Erst recht in diesen Tagen: Seit Monaten ist das Tuch zwischen dem Industrieverband Swissmem und der Gewerkschaft Unia zerschnitten.
Mit dem Franken-Schock hat sich der Konflikt noch zugespitzt: Konzerne wie Georg Fischer haben ihren Mitarbeitern massive Zugeständnisse abgetrotzt – die Gewerkschaften durften nicht mitreden.
Die Folge: Säbelrasseln, Schuldzuweisungen, Kriegsrhetorik, Streikdrohungen.
Auch Peter Spuhler ist unter Druck: Zwei Drittel der inländischen Produktion seiner Stadler Rail gehen in den Export. Nach dem Mindestkurs-Schock heisst die Devise: Runter mit den Kosten! Doch Spuhler sucht die Lösung nicht in der Konfrontation, sondern gemeinsam mit den Gewerkschaften.
Die Eckpunkte des Krisendeals, den Spuhler und Unia-Gewerkschafter Pardini unterschrieben haben:
Wochenarbeitszeit: Die rund 3000 Mitarbeiter in der Schweiz arbeiten künftig 45 statt 42 Stunden (brutto).
Kündigungsschutz: Für das Stammpersonal gilt im Grundsatz ein Kündigungsschutz.
Lohnschutz: Für die Dauer des Massnahmenpakets gibt es keine Lohnkürzungen.
Monitoring: Alle drei Monate prüfen die Sozialpartner die wirtschaftliche Situation und die Massnahmen.
GAV: Im Sommer 2015 starten die Sozialpartner neue GAV-Verhandlungen.
Doch warum verhandelt Spuhler, der selbst im Swissmem-Ausschuss sitzt, mit der Unia, während andere Chefs der Gewerkschaft die Tür zuschlagen? «Wir haben ein gutes Vertrauensverhältnis mit der Unia», sagt Spuhler.
Speziell in diesen schwierigen Zeiten müsse man sich zusammenraufen und pragmatische Lösungen für die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit suchen. «Die Sozialpartner müssen an einem Strick ziehen. So retten wir gemeinsam den Werkplatz Schweiz.»
Er könne mit dem Verhandlungsergebnis leben, sagt Unia-Industriechef Pardini. «Natürlich hat niemand Freude, länger zu arbeiten. Aber die Mitarbeiter erkennen, dass wir konkrete Gegenleistungen und Garantien für sie herausgeholt haben. Es gibt eine Opfersymmetrie.»
Pardini lobt auch Peter Spuhler: «Er ist ein harter Verhandlungspartner. Aber er ist offen für Argumente und interessiert an nachhaltigen Lösungen.» Das könne er von der Swissmem-Führung nicht behaupten, so Pardini. Dort gäben Ideologen den Ton an.
Trotzdem hofft Pardini, den Dialog der Sozialpartner neu beleben zu können: Mit dem Frankenschock und der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative stehe die Schweiz in schwierigen Zeiten. «Jetzt müssen alle an einen Tisch sitzen und diese zwei Probleme lösen.»