SVP spottet über «dünnhäutige» SP-Bundesrätin
«Bei uns heisst sie jetzt Simonetta Erdogan»

Eine Schlappe nach der anderen könnte dazu geführt haben, dass Bundesrätin Sommaruga den Nationalratssaal verliess. SVP-Nationalrat Köppel legt nach.
Publiziert: 27.04.2016 um 17:44 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:35 Uhr
Nico Menzato und Simon Marti

Eklat im Bundeshaus: Während einer giftigen Wortmeldung von SVP-Nationalrat Roger Köppel verliess Justizministerin Simonetta Sommaruga am Dienstag den Nationalratssaal. Erstmals in der Geschichte des Parlaments kehrte eine Magistratin der grossen Kammer den Rücken – und die SP-Fraktion folgte ihrer Ministerin geschlossen.

Die Volkspartei, die sich seit Jahren auf Sommaruga eingeschossen hat, reagiert mit Spott auf deren Empfindlichkeit. «Bei uns heisst sie jetzt Simonetta Erdogan», sagen mehrere SVP-Nationalräte in der Wandelhalle grinsend. Sie spielen damit auf den türkischen Staatschef Recep Erdogan an, der Kritiker und Witzbolde mit heiligem Zorn verfolgt.

Derweil legt Köppel nach: Im Editorial seiner «Weltwoche», die morgen erscheint, attackiert er Sommaruga erneut frontal. Ihr Abgang sei «entlarvend peinlich», schreibt er.

Schliesslich habe er sie in den Bundesrat gewählt – und als Wähler sei er ihr Vorgesetzter. Es sei ein «Affront, einfach zu gehen, während der Chef noch redet». Um dann zum Tiefschlag auszuholen: «Der selbstgewählte Rückzug in den Schmollwinkel bleibt eine beliebte Angriffswaffe von Frauen und Bundesräten.»

Was aber hat Sommaruga bewogen, den Nationalratsaal zu verlassen? War es eine Kurzschlusshandlung? Oder eine ganz bewusste Entscheidung? Ihr Departement wollte zu diesen Fragen keine Stellung nehmen.

Verliess nach einem verbalen Angriff von Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel den Nationalratssaal: Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Foto: KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Sicher ist: Sommaruga hat harte Tage hinter sich. Bereits in der «Arena» zur Asylgesetz-Revision am letzten Freitag war sie sichtlich genervt. Köppel und SVP-Nationalrat Toni Brunner fielen der Justizministerin ständig ins Wort – und gingen sie mit scharfen Voten an. 

Am Montag folgte dann der nächste Tiefschlag. Der Nationalrat strich Sommarugas Vorhaben, eine Frauenquote in Unternehmen einzuführen, aus der Legislaturplanung. Am Dienstag – kurz vor Sommarugas Davonlaufen – stimmte der Nationalrat überaus knapp gegen neue Massnahmen zur Gleichstellung der Löhne von Mann und Frau. Die nächste Schlappe für die SP-Bundesrätin in einer Herzensangelegenheit. Seit Monaten steht sie zudem unter Dauerkritik der SVP im Asyl- und Zuwanderungsdossier.

Attacke auf Sommaruga: SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz, Ex-Parteipräsident Toni Brunner und der Zürcher Nationalrat Roger Köppel (von links).
Foto: PETER SCHNEIDER

Selbst die Ratsrechten haben ein gewisses Verständnis für die Reaktion der Justizministerin. «Ich kann gut nachvollziehen, dass es Sommaruga den «Nuggi rausgehauen» hat», sagt SVP-Nationalrat Felix Müri. Das sei nur menschlich, wenn man unter Dauerbeschuss stehe. Allerdings, so Müri, empfand er Köppels Rede nicht als beleidigend – und Sommaruga hätte das Justizdepartement behalten wollen. «Jetzt muss sie Kritik auch aushalten.» 

Auch BDP-Nationalrat Bernhard Guhl kann Sommarugas Frust nachvollziehen, nennt die Aussagen des «Weltwoche»-Chefs «niveaulos». «Dennoch war es taktisch unklug, den Saal zu verlassen. Das verschafft ihm nur unnötig Aufmerksamkeit.»

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