Schweizer Unfallversicherer haben seit dieser Woche ein Problem. Um Missbräuche aufzudecken, dürfen sie nicht mehr länger auf Observierung der Versicherten setzen. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden. «Der Kampf gegen Versicherungsmissbrauch wird damit noch schwieriger, ja fast unmöglich», sagt SVP-Nationalrat Mauro Tuena (44, ZH). Tatsächlich haben erste Versicherungen wie etwa die Suva bereits reagiert und stellen den Einsatz von Versicherungsdetektiven per sofort ein.
Für die grösste Schweizer Unfallversicherung waren die Observationen wichtig: 2015 klärte sie damit 574 Verdachtsfälle ab. Seit der Einführung der Missbrauchsbekämpfung im Jahr 2006 konnte sie gemäss eigenen Angaben 117 Millionen Franken an ungerechtfertigten Zahlungen verhindern.
Observierungen legalisieren
Der Menschenrechtsgerichtshof bemängelte in seinem Urteil, dass in der Schweiz die gesetzliche Grundlage für Versicherungsdetektive fehle. Tuena will das jetzt möglichst rasch ändern. Ende November reicht er eine parlamentarische Initiative ein. Sie will das Sozialversicherungsrecht anpassen, sodass Observierungen legal werden. Bei unberechtigtem Leistungsbezug soll es den Versicherungsträgern ermöglicht werden, entsprechende Spezialisten beizuziehen.
Diese könnten unter anderem Personen an frei einsehbaren Orten verdeckt beobachten und dabei Bild und Tonaufzeichnungen machen, heisst es im Vorstoss von Tuena.
Den Zürcher Politiker verbindet mit diesem Thema eine lange Geschichte: Schon 2007 kämpfte er in der Stadt Zürich an vorderster Front für die Einführung von Sozialdetektiven, um den Missbrauch von Sozialhilfe zu verhindern. «Der missbräuchliche Bezug von Versicherungsleistungen ist asozial und bestraft die Prämienzahler sowie die ehrlichen Leistungsbezüger», sagt Tuena. Solche Missbräuche müssten gezielt bekämpft werden. «Wer zu Recht Leistungen bezieht, hat nichts zu befürchten.»
Support von SP-Jositsch
Unterstützung bekommt Tuenas Vorstoss jetzt auch von links – von SP-Ständerat und Rechtsprofessor Daniel Jositsch (51). Er sei auch der Meinung, dass der jetzige Zustand keine Lösung sei. Observierungen seien grundsätzlich sinnvoll. Es sei deshalb nötig, dafür eine gesetzliche Basis zu schaffen.