Immer wieder fallen Armeeangehörige durch Nazi-freundliche Gesinnung auf. Dass aber selbst ein hoher Kader im Verteidigungsdepartement (VBS) mit einer problematischen Einschätzung auffällt, hat eine neue Qualität.
«Das Ideal eines Chefs», das Mathias Müller (47), Stabsoffizier im Generalsekretariat des VBS, letzten November in seinem privaten Internetblog beschrieb, zeugt von wenig Geschichtsbewusstsein. Darin geht der Vize-Fraktionschef der SVP im Berner Grossrat, der derzeit für seine Wiederwahl kämpft, der Frage nach, was einen guten Vorgesetzten auszeichnet.
Verklärtes Bild von der Wehrmacht
Die Antworten fand Berufsoffizier Müller, der regelmässig Vorträge über Führung und Motivation hält, im Kriegsroman «Einen bessern findst du nicht» aus den Fünfzigerjahren. Darin verarbeitete der deutsche Autor Walter Düpmann unter dem Pseudonym Andreas Engermann seine traumatischen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Der Roman schildert die Kriegsereignisse an der Ostfront aus der Sicht eines einfachen Soldaten.
Und zeichnet ein verklärtes Bild von der Wehrmacht: Heldenhaft und aufopfernd hätten die deutschen Soldaten Europa vor den sowjetischen «Barbaren» verteidigt, so der Tenor des Buches.
Wird eine Einheit der Waffen-SS beschrieben?
Eine der Hauptfiguren im Roman ist Oberleutnant Schleiermacher, der als eine Art Super-Offizier, als charismatischer Kriegsheld, beschrieben wird. In seinem Blog rühmte Oberst Müller den Wehrmachtsoffizier als vorbildhafte Führungspersönlichkeit.
Was aufhorchen lässt: Bei den Kampfhandlungen, die Düpmann in seinem autobiografisch geprägten Roman schildert, könnte es sich um Erlebnisse einer Einheit der berüchtigten Waffen-SS handeln. Als Absolvent der Napola, der Eliteschule der Nationalsozialisten, kämpfte Düpmann als junger Offizier in der Waffen-SS, wie sein Sohn gegenüber BLICK bestätigte.
VBS will sich nicht äussern
Das VBS wollte zur Frage, ob die Verherrlichung eines Wehrmachtsoffiziers mit den Grundsätzen der Schweizer Armee vereinbar sei, nicht äussern. Dabei weiss BLICK, dass dem nicht so ist: Anhand von charismatischen Führungspersonen aus der Zeit des Nationalsozialismus wird in der militärischen Kaderausbildung der Armee den Offizieren vor Augen geführt, welche Folgen blinder Gehorsam haben kann.
Dabei müsse der historische Kontext in jedem Fall berücksichtigt und kritisch beleuchtet werden, gibt Hubert Annen zu bedenken, Dozent für Militärpsychologie und Militärpädagogik an der Militärakademie der ETH Zürich.
Müller entschuldigt sich: «Es war ein Fehler»
Nachdem BLICK Oberst Müller auf Düpmanns mutmassliche NS-Vergangenheit aufmerksam gemacht hatte, nahm dieser den Text vom Netz. Er bezeichnet die Publikation «mit meinem heutigen Wissensstand» als «Fehler». Er wolle auf keinen Fall, «dass durch eine Fehlinterpretation jemand meinen Text als Rechtfertigung oder Verharmlosung der nationalsozialistischen Ideologie und deren Verbrechen versteht oder gar missbrauchen würde».