Sie ist die bekannteste Eingebürgerte der Schweiz – und steigt jetzt in die Politik ein: Funda Mignogna-Yilmaz (27) kandidiert im Aargau für die Liste der SP MigrantInnen, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
Über die Landesgrenzen bekannt wurde die junge Frau vor zwei Jahren, als ihr der Einwohnerrat von Buchs AG die Einbürgerung verweigerte. Die Einbürgerungskommission war zuvor zum Schluss gekommen, dass die junge Türkin «die Voraussetzung der erfolgreichen Integration nicht erfüllt».
Schweizerin im zweiten Anlauf
Der Fall sorgte für Empörung, hatte die damals noch unverheiratete Yilmaz vor der Kommission doch viele kleinliche Fragen beantworten müssen. Unter anderem ging es darum, ob sie bei einem Grossverteiler oder im Dorflädeli einkaufe, auch kannte sie den Dorfmetzger nicht.
Der Entscheid sorgte nicht nur in der Schweiz, sondern sogar weltweit für Kopfschütteln. Buchs wurde zur Lachnummer. Und der Gemeinderat beschloss, das Gesuch ein weiteres Mal dem Parlament vorzulegen. Im zweiten Anlauf klappte es dann: Yilmaz wurde Schweizerin! «Ich bin sehr erleichtert!», sagte die Tiefbauzeichnerin damals zu BLICK. Und kündigte an, der SP beizutreten.
«Anfangs wollte ich wirklich nicht»
Mittlerweile wohnt sie in Schöftland und ist mit Nico Mignogna verheiratet. Das Paar erwartet sein erstes Kind. Und jetzt will sie auch in der Politik Fuss fassen. Dafür musste sie sich aber einen Ruck geben. «Als mich Florim Kadriu von den SP MigrantInnen fragte, ob ich auf deren Liste kandidieren wolle, war ich verblüfft, dass sie überhaupt auf mich gekommen waren», sagt Mignogna-Yilmaz in der «Aargauer Zeitung». «Anfangs wollte ich wirklich nicht, weil ich befürchtete, dass das wieder einen Medienaufruhr geben würde.»
Ihr Mann habe ihr Unterstützung zugesagt. Und ihre Eltern hätten gesagt, dass sie diese riesige Chance packen müsse. Obwohl sie sich selbst als zurückhaltend und schüchtern bezeichnet, geht sie das Abenteuer ein. «Im Laufe der ganzen Einbürgerungsgeschichte habe ich gelernt, mich zu überwinden und auf Menschen zuzugehen.»
Politisch einsetzen will sich Mignogna-Yilmaz für ein bezahlbares Gesundheitswesen, die Gleichstellung von Migranten und eine Ausweitung ihrer politischen Teilhabe. Allerdings ist sie sich bewusst, dass ein Sitzgewinn schwierig wird. Doch sie macht klar: «Das sind ja nicht die letzten Wahlen, ich kann für später Erfahrung sammeln.»
SP-Wermuth freut sich
Schon früh hat sich SP-Nationalrat Cédric Wermuth (33) um die berühmte Eingebürgerte bemüht. Dass es jetzt geklappt hat, freut ihn umso mehr. «Wir freuen uns sehr und sind natürlich auch ein bisschen stolz, dass Funda kandidiert», sagt er zu BLICK.
«Sie hat wahnsinnig viel Mut und Überzeugung bewiesen mit ihrer Einbürgerungsgeschichte und ist eine grosse Sympathieträgerin», so Wermuth. Er zeigt sich überzeugt, dass «wir alle noch einiges von ihr hören werden».
Und hofft er nun auf Zusatzstimmen, die Mignogna-Yilmaz dank ihres Sympathiebonus bringen wird? «Wahlen sind eine Teamleistung, aber Funda bringt sicher zusätzlich Aufmerksamkeit auf den Themen, die ihr wichtig sind», so Wermuth.
SVP-Glarner: «Ich traue ihr das Amt nicht zu»
«Es ist jedem Schweizer und jeder Schweizerin unbenommen, für den Nationalrat zu kandidieren», kommentiert SVP-Nationalrat Andreas Glarner (56) die Kandidatur. Der Aargauer gilt als Hardliner in Ausländerfragen. Dass die eingebürgerte Türkin antritt, findet er positiv. «Ich freue mich, dass sie sich für Politik interessiert und sich nun auch beteiligt. Ich wünsche ihr alles Gute in ihrem Wahlkampf.»
Sie passe in die SP, würde aber auch zu den Grünen passen, analysiert Glarner. «Aber ich traue ihr das Nationalratsamt nicht zu», so der SVP-Mann. «Sie ist sehr nett, aber unbeholfen. Allerdings hat es schon jetzt viele unbedarfte SP-Parlamentarier in Bern, da würde sie gar nicht auffallen.» Immerhin traut er ihr zu, dass sie nicht gleich ins Fettnäpfchen tritt wie Grünen-Kandidatin Tamy Glauser (34). «Da ist sie sicher vorsichtiger», meint Glarner.
Da sie auf einer Nebenliste kandidiere, habe sie aber eh keine Chance, gewählt zu werden, so Glarner. «Wenn es die SP ernst meinen würde mit ihr, hätte sie einen guten Platz auf der SP-Hauptliste erhalten. Für die SP ist sie nur Staffage.» Der SVP-Mann geht aber davon aus, dass Funda Mignogna-Yilmaz der SP ein paar Sympathiestimmen einbringen wird. «Aber sicher nicht so viel, dass die SP deswegen einen zusätzlichen Sitz gewinnt. Der Hype um sie ist längst vorbei.»
Glarner bietet sich als Bundeshaus-Götti an
Und falls sie doch gewählt würde? «Dann heisse ich sie in Bern herzlich willkommen, schliesslich soll der Nationalrat den Querschnitt der Bevölkerung abbilden, da passt sie gut rein», sagt er. «Und ich werde gerne den Götti für sie spielen und ihr zeigen, wie die Mechanismen hier funktionieren. Ich komme ja mit vielen SP-Vertretern gut aus.»
Er hat auch bereits einen Ratschlag für sie bereit: «’Luege, lose, laufe’ lautet das Motto für Neulinge. Zuerst sollte man sich etwas in Zurückhaltung üben und den Betrieb kennenlernen, bevor man dreinschiesst», so Glarner. «Aber da mache ich mir bei ihr keine Sorgen, sie ist ja eher der schüchterne Typ.»
Sollte sie nicht gewählt werden, solle sie den Mut nicht verlieren, rät Glarner weiter. Auch für den roten Pass habe sie ja einen zweiten Anlauf gebraucht. «Sie kann immer noch auf einer Grossratsliste kandidieren oder in vier Jahren wieder einen Versuch wagen. Ich wünsche ihr jedenfalls viel Glück.»