Foto: KEY

SVP-Chef Albert Rösti (52) kündigt Referendum gegen CO2-Gesetz an
«Das ist Umverteilung von den Büezern zu den Städtern»

Das neue CO2-Gesetz ist noch nicht einmal definitiv beschlossen, schon kündigt SVP-Präsident Albert Rösti das Referendum an.
Publiziert: 26.09.2019 um 20:05 Uhr
|
Aktualisiert: 27.09.2019 um 09:06 Uhr
1/8
SVP-Präsident Albert Rösti kündigt das Referendum gegen das neue CO2-Gesetz an.
Foto: Philippe Rossier
Nico Menzato und Tobias Bruggmann

Tanken, Heizen und Fliegen sollen teurer werden, um das Klima zu retten. Das beschloss am Mittwoch der Ständerat mit der CO2-Gesetzesänderung. SVP-Präsident Albert Rösti (52) wittert sozialistische Umverteilung.

BLICK: Herr Rösti, der Weltklimarat meldete, dass der Meeresspiegel wegen des Klimawandels stärker ansteigt als befürchtet. Gleichentags verabschiedete der Ständerat ein neues CO2-Gesetz. Sind Sie zufrieden?

Albert Rösti: Nein. Das Gesetz ist schlimmer als befürchtet, es führt zu einer Zweiklassengesellschaft. Büezer, Bauern, Gewerbler, Autofahrer und Mieter, die in einer Wohnung mit Ölheizung leben, werden massiv stärker belastet. Der Mittelstand wird ausgeblutet. Wenn es in dieser Form durch den Nationalrat kommt, muss das Referendum ergriffen werden.

Sie drohen bereits mit einer Volksabstimmung?

Das Ständeratspaket kostet für eine durchschnittliche Familie rund 1500 Franken mehr pro Jahr: 12 Rappen mehr für das Benzin, 29 Rappen höherer Heizölpreis und eine Flugticketabgabe, ohne dass damit dem Klima geholfen wird. Das Volk muss darüber befinden.

Sie übertreiben: Der CO2-Zuschlag auf Heizöl und die Flugticketabgabe sind Lenkungsabgaben, die der Bevölkerung zurückerstattet werden. Wer aufs Klima schaut, merkt das im Portemonnaie!

Es ist ein Unterschied, ob man die Ölheizung für 15'000 Franken durch eine neue Ölheizung ersetzt oder durch eine Wärmepumpe, die unter Umständen 50'000 Franken kostet. Bei der Lenkungsabgabe auf Heizöl fliesst ein Drittel in das Gebäudeprogramm, weitere Mittel werden durch die Administration weggefressen. Nur der Rest fliesst an die Bevölkerung zurück – aber an wen? Das ist eine sozialistische Umverteilung: von den Büezern, Gewerblern und Bauern dorthin, wo die Leute bequem in ein Tram steigen können. 

Was haben Sie dagegen, dass klimafreundliches Verhalten belohnt wird?

Ich habe etwas dagegen, wenn ein Büezer, der 6000 Franken verdient und eine Familie durchbringen muss, plötzlich 1500 Franken im Jahr mehr bezahlen muss, nur weil seine Mietwohnung mit Öl beheizt wird und er aufs Auto angewiesen ist. Das Geld, das es zurückgibt, spürt der Büezer nicht, denn es wird auf alle gleichmässig verteilt.

Die Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe ist ein Höchstpreis. Sie wird nur verlangt, falls die CO2-Ziele nicht anders erreicht werden. 

Die Reduktionsziele sind derart hoch gesetzt, dass der Höchstbetrag bestimmt kommt. Wenn dazu noch fast täglich die Ziele verschärft werden, ist das ein Fass ohne Boden. 

Sie sagen, das CO2-Gesetz bringe dem Klima nichts. Wie kommen Sie darauf?

Wer genug gut verdient, wird wegen den Lenkungsabgaben nicht weniger Auto fahren und nicht darauf verzichten, in den Urlaub zu fliegen. Das ist die entstehende, für den sozialen Frieden inakzeptable Zweiklassengesellschaft. Auch schlimm ist, wenn unsere Produkte aus dem ländlichen Raum wegen der Steuern teurer werden und durch Importe mit mehr CO2-Ausstoss ersetzt werden. Dann verlieren wir auch noch Arbeitsplätze, und das Ganze ist fürs Klima kontraproduktiv.

Was schlägt die SVP vor? Der CO2-Ausstoss im Strassenverkehr ist heute höher als 1990. Dabei müsste er stark sinken.

Der CO2-Ausstoss pro Auto sinkt ja, aber aufgrund der massiven Zuwanderung steigt der Gesamtausstoss. Wenn wir in dreizehn Jahren eine Million mehr Einwohner haben, kann man nicht erwarten, dass gleichzeitig das CO2 zurückgeht. Aber gerade die Einwanderung, die insbesondere auch zur Zubetonierung der Schweiz führt, will keine andere Partei ausser der SVP bremsen.

Nochmals: Der Mont-Blanc-Gletscher droht einzustürzen, der Meeresspiegel steigt. Wie wollen Sie den Klimawandel stoppen?

Wir müssen auf technologische Innovationen setzen. Diese exportieren wir dann. Das bringt eine weltweite CO2-Reduktion. Mit unserem CO2-Ausstoss in der Schweiz von etwa einer Promille können wir den Klimawandel nicht beeinflussen. Relevant ist, wie wir als Schweiz weltweit einen Beitrag leisten. Und der ist umso grösser, je weniger wir die Wirtschaft mit Steuern, Verboten und Geboten belasten.

Dauert es nicht zu lange, auf die Innovationen zu warten? 

Wir brauchen doch die ganze Energie! Wo nehmen wir sonst den Strom her? Fossile Energie soll weg, AKW auch. Darum müssen wir auf Innovationen setzen und diese zur Marktreife bringen.

Man fördert doch die Innovation, wenn mehr Elektroautos als Benziner gekauft werden, weil es auf Letzteren einen Treibstoffaufschlag gibt.

Der Staat setzt immer die falschen Anreize. Er setzt auf Elektromobilität, lässt aber die Wasserstofftechnologie ausser Acht. Eine gute Technologie setzt sich auf dem Markt immer durch. Wir müssen der Grundlagenforschung genügend Mittel zur Verfügung stellen und unsere Betriebe machen lassen. 

Mit dem Klimafonds im CO2-Gesetz wird explizit die Klimainnovation gefördert.

Die Frage ist, ob man deswegen eine Zweiklassengesellschaft schaffen muss. Wir haben schon einen riesigen Forschungsetat, den wir mit Steuergeldern bezahlen. Im Rahmen der Energiestrategie haben wir bereits mehrere 100 Millionen gesprochen. Es braucht keinen zusätzlichen Fonds.

Viele Technologien sind noch nicht marktfähig. Wird falsch geforscht?

Die Schweiz betreibt viel erfolgreiche und wegweisende Forschung. Es ist aber völlig falsch, nur in eine Richtung zu forschen. Durch den Atomausstieg wird man die Forschung dort vernachlässigen. Ich bin überzeugt: Will man eine CO2-freie Energieversorgung weltweit sicherstellen, braucht es neue, sichere Generationen von AKW.

«Aufschlag auf Treibstoff bringt absolut nichts»
1:16
CO2-Gesetz:«Aufschlag auf Treibstoff bringt absolut nichts»
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?