Geteilte Reaktionen nach SonntagsBlick-Interview der Post-Chefin
«Ruoff hätte mehr in die Offensive gehen sollen»

Ein Kommunikationsprofi gibt Ruoff gute Noten für ihr Interview, Politiker halten aber an Rücktrittsforderung fest.
Publiziert: 11.02.2018 um 16:35 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:45 Uhr
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Die Kritik hält auch nach den Erklärungsversuchen von Postchefin Susanne Ruoff im SonntagsBlick an.
Foto: Stefan Bohrer
Nico Menzato

Sie ist fest entschlossen, ihre Arbeit fortzuführen, auch wenn sie nicht so gut schläft wie sonst. Das hat Post-Chefin Susanne Ruoff (60) dem SonntagsBlick im ersten Interview nach dem Auffliegen des Postauto-Bschisses gesagt. Selbstbewusst hat sie sich allen kritischen Fragen gestellt.

Für ihren Auftritt erhält die Post-Chefin von Kommunikationsprofi Mark Balsiger (50, Bild) gute Noten: «Susanne Ruoff war abgeklärt und antwortete selbstbewusst auf die Fragen.» Sein Fazit: Sie vermittle den Eindruck, dass sie es mit der versprochenen «lückenlosen» Aufklärung ernst meine.

Kommunikations-Profi Mark Balsiger: Gute Noten für Ruoffs Rechtfertigungen.

Balsiger hat aber auch Kritikpunkte: Ruoff zeige zu wenig Verständnis für den Unmut der Öffentlichkeit. «Sie hätte mehr Kreide fressen müssen», sagt er. Dass sie keinen Moment an Rücktritt gedacht habe, nimmt er ihr nicht ab. Zudem sei sie zu defensiv geblieben: «Sie hätte im Interview noch mehr in die Offensive gehen sollen», sagt der Kommunikationsprofi.

Politiker von links bis rechts, die letzte Woche Postchefin Susanne Ruoff (60) scharf kritisierten und ihren Rücktritt forderten, bleiben auch nach ihren Aussagen im SonntagsBlick-Interview dabei: «Frau Ruoff ist es nicht gelungen, die Vermutung, dass sie von den illegalen Machenschaften etwas gewusst hat, zu widerlegen», sagt Thierry Burkart (42).

Mit ihrer Aussage, sie habe 2013 überlegt, wie und wo Gewinne anfallen und wie man diese verwenden könne, gebe sie zu, von den Gewinnverschiebungen gewusst zu haben, so der FDP-Verkehrspolitiker. «Und da im subventionieren Bereich Gewinne gesetzlich verboten sind, hätte sie um die Illegalität wissen müssen.»

«CEO muss mehr wissen als Aufsichtsbehörde» 

Für den Aargauer ist Ruoffs Aussage, das Bundesamt für Verkehr hätte ja auch nichts gemerkt, eine «billige Schutzbehauptung». Als CEO könne und müsse man mehr wissen als die Aufsichtsbehörde. Der FDP-Nationalrat fordert, dass jetzt «Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller Klarheit schafft, um das Vertrauen in die Post wiederherzustellen».

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Damals schrieb man alles noch mit «ph»: Pöstlerinnen im Jahr 1976 in Limpach BE.
Foto: Walter Bösiger

Genau dies verlangt auch Evi Allemann (39). Die SP-Verkehrspolitikerin kritisiert, dass noch immer offen sei, wann der Postchefin die Gesetzeswidrigkeit der Gewinnverschiebungen bewusst wurde. «Es muss Frau Ruoff doch ab jenem Zeitpunkt im Jahr 2013 klar gewesen sein, dass solche Buchhaltungstricks illegal sind, als die interne Revision in ihrem Bericht darauf hinwies, dass es Probleme gebe. Denn Gewinne auf den subventionierten Buslinien sind per Gesetz verboten.» 

Alles deute darauf hin, dass Susanne Ruoff von den illegalen Machenschaften seit längerem wusste. «Wenn sich dies bestätigt, ist sie als Postchefin nicht mehr tragbar», so Allemann.

So hat Postauto getrickst

Im subventionierten Regionalverkehr darf die Postauto Schweiz AG keine Gewinne machen. Darüber hat sich der gelbe Riese hinweggesetzt. Gewinne wurden aber nicht offen deklariert, sondern in eine andere Unternehmenssparte verschoben – um sie vor Bund und Kantonen geheim zu halten und weiter Subventionen abzukassieren. Bis jetzt gibt es keine Anzeichen, dass sich jemand mit dieser gelben Masche persönlich bereichert hat.

Allenfalls waren die mit den Tricks erzielten Geschäftsergebnisse bonusrelevant. Geschädigte sind aber die Steuerzahler – denn sie subventionieren Postauto. Andererseits muss die Post die Gewinne, die sie in anderen Sparten macht (und das auch darf), an den Bund abliefern. Also alles bloss ein Nullsummenspiel? Diese Frage muss letztlich die Politik entscheiden.

Im subventionierten Regionalverkehr darf die Postauto Schweiz AG keine Gewinne machen. Darüber hat sich der gelbe Riese hinweggesetzt. Gewinne wurden aber nicht offen deklariert, sondern in eine andere Unternehmenssparte verschoben – um sie vor Bund und Kantonen geheim zu halten und weiter Subventionen abzukassieren. Bis jetzt gibt es keine Anzeichen, dass sich jemand mit dieser gelben Masche persönlich bereichert hat.

Allenfalls waren die mit den Tricks erzielten Geschäftsergebnisse bonusrelevant. Geschädigte sind aber die Steuerzahler – denn sie subventionieren Postauto. Andererseits muss die Post die Gewinne, die sie in anderen Sparten macht (und das auch darf), an den Bund abliefern. Also alles bloss ein Nullsummenspiel? Diese Frage muss letztlich die Politik entscheiden.

«Alles andere als ein Befreiungsschlag»

Frau Ruoff verstricke sich zudem in Widersprüche. Einerseits spreche sie vom Zielkonflikt, dass Postauto Gewinn machen müsse, dies aber auf den allermeisten Linien von Gesetzes wegen gar nicht dürfe, so die Bernerin. Gleichzeitig zu behaupten, man habe bezüglich Gewinnziele von knapp drei Prozent «ganz sicher nicht zu viel Druck gemacht», sei schon fast bizarr.

Auch für SVP-Verkehrspolitiker Ulrich Giezendanner (64) sind Ruoffs Aussagen «alles andere als ein Befreiungsschlag». Sie schiebe die Schuld auf alle anderen und lege eine unerhörte Überheblichkeit an den Tag. Er sei froh, dass das Parlament drauf und dran sei, die Gehälter der Chefs von staatsnahen Betrieben zu beschränken.

CVP kritisiert Versagen der Kontrollstellen

Keine Rücktrittsforderung kommt von der CVP, die mit Verkehrsministerin Doris Leuthard (54) die oberste politische Verantwortliche der Post stellt. «Nach dem SonntagsBlick-Interview sind weiterhin viele Fragen offen», sagt Verkehrspolitiker Martin Candinas (37). Etwa wie Postauto gesamthaft knapp drei Prozent Gewinn erwirtschaften soll, wenn auf 85 Prozent des Umsatzes kein Gewinn erzielt werden dürfe. Abgeklärt werden müsse vor allem auch, wieso die internen und externen Kontrollstellen die illegalen Buchungen nicht bemerkt hätten und wer im Konzern davon Kenntnis hatte.

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Illegale Millionen für die Post: Am Dienstagmorgen laden das Bundesamt für Verkehr (BAV) und die Post zu einer Pressekonferenz. Die Erkenntnis: Postauto erschummelte sich über Jahre insgesamt 78,3 Millionen Franken Subventionen. Post-CEO Susanne Ruoff wird für ihr schnelles Handeln gelobt.
Foto: Arno Balzarini

Zurückhaltend ist auch der Präsident der Grünliberalen, Jürg Grossen (48). Frau Ruoff mache vieles richtig, aber in der Angelegenheit Postauto habe sie die Situation «falsch eingeschätzt». Zudem hätten die Kontrollinstrumente bei der Post klar versagt. «Das zeigt einmal mehr, dass der Postkonzern inzwischen viel zu gross und zu unübersichtlich ist», so der GLP-Verkehrspolitiker.

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