Surfende Beamte: Bernasconi und Heer im Streitgespräch
«Die Leute arbeiten gut!» — «Beamte hocken ihre Zeit ab!»

Die geheime Luzerner Internet-Analyse macht schweizweit Schlagzeilen. Privat surfen und Überstunden schieben: Wie geht das? Die Generalsekretärin des Bundespersonalverbandes im Streitgespräch mit dem Präsidenten des Bundes der Steuerzahler.
Publiziert: 15.03.2015 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:24 Uhr
Surfende Beamte: Bernasconi und Heer im Streitgespräch
8:12
:Surfende Beamte: Bernasconi und Heer im Streitgespräch
Realisation: Florian Imbach; Fotos: Peter Gerber

SonntagsBlick: Däumchen drehen und Überstunden bolzen – wie geht das zusammen?
Maria Bernasconi:
Seit ich beim Personalverband bin, habe ich noch nie jemanden gesehen, der einfach Däumchen dreht. Die Überstunden zeigen, dass die Leute mehr Zeit brauchen für die immer komplexeren Aufgaben. Und Untersuchungen zeigen: Es stimmt einfach nicht, dass die Verwaltung weniger effizient arbeitet als Private.

Alfred Heer: Doch, das stimmt. Private haben einen grösseren Output, das ist erwiesen. Schauen Sie doch mal die Beispiele an: In der Stadt Zürich arbeitet die Einwohnerkontrolle von 8 bis 12 und von 13 bis 17 Uhr. Die haben alle Überstunden! Wie geht das?

Bernasconi: Meinen Sie wirklich, wenn der Schalter zu ist, arbeiten die nicht?

Heer: Das zeigt doch das Beispiel Luzern. Am Morgen kommen sie ins Büro, surfen ein bisschen, arbeiten ein bisschen und hocken ihre Zeit ab. Nach dem Feierabend surfen sie dann im Büro weiter. So gibt es Überstunden.

Bernasconi: Die vertrödeln ihre Zeit? Das ist doch einfach unkorrekt! Sie reden nur schlecht über Staatsangestellte. Wie wäre das, wenn keiner der öffentlichen Angestellten Zeit hat für Sie, wenn Sie alt und schwach sind?

Haben wir zu viele Staatsangestellte?
Heer:
25 Prozent der Angestellten arbeiten heute beim Staat. Und diese müssen finanziert werden. Wir müssen die Verwaltungen auf allen Stufen, Bund, Kantone, Gemeinden, effizienter machen. Und zwar nicht die Leistungen reduzieren für den Bürger, sondern die Kosten senken.

Bernasconi: Aber Herr Heer, Sie reden von öffentlichen Angestellten. Dazu gehört auch das Pflegepersonal und das Schulpersonal. Der Zuwachs ist nachfrageorientiert. Unsere Gesellschaft hat sich in den letzten 20 Jahren verändert. In den Spitälern braucht es viel mehr Leute. Sagen Sie mal einer Krankenschwester, sie arbeite nicht effizient!

Wollen wir griechische Verhältnisse?
Heer:
Frau Bernasconi, Sie können nicht immer mit dem Spital argumentieren. In der Zentralverwaltung arbeiten 350000 Leute, das sind zu viele. Die Löhne sind hoch. Die Bürokratie, die überall aufgebaut wird, ist einfach enorm.

Bernasconi: Nennen Sie doch mal ein konkretes Beispiel.

Heer: Im Kanton Zürich haben sich die Bildungsbeamten verdoppelt ...

Bernasconi: Es gibt keine Beamten mehr, Herr Heer!

Heer: ... Angestellte, ist ja egal. Wir bauen eine Bürokratie auf, die wir wieder abbauen müssen.

Bernasconi: Sie wollen griechische Verhältnisse!

Heer: Griechenland ist ein gutes Beispiel. 100 Prozent Staatsangestellte, darum haben die kein Geld!

Bernasconi: Bei uns funktioniert der Service public. Eine WEF-Studie zeigt: Wir haben eine der besten Verwaltungen der Welt.

Sagen Sie auch noch etwas Nettes, Herr Heer?
Heer:
Ich mache doch dem Einzelnen keinen Vorwurf. Staatsangestellter zu sein, ist kein Verbrechen. Wir brauchen gute Mitarbeiter. Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht zu viele sind. Auch Leute in der Verwaltung ärgern sich über die Ineffizienz.

Bernasconi: Das ist in der Privatwirtschaft nicht anders, Herr Heer.

Heer: Doch. Wenn eine Firma nicht effizient ist, geht sie in Konkurs. Bei der Verwaltung bezahlt der Steuerzahler.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?