Bis 2025 will der Bundesrat die Luftwaffe komplett erneuern. Acht Milliarden Franken sieht er dafür vor. Wie viele Kampfjets die Armee damit kaufen kann, hängt von der Typenwahl und dem Stückpreis ab. Im jüngsten Expertenbericht ist von 30 bis 40 Jets die Rede.
Milizpiloten genügen nicht
Doch wird es auch genügend Piloten für die neuen Flieger geben? Zweifel sind angebracht. Denn Milizpiloten, die derzeit Tiger fliegen, aber keine F/A-18, kommen für die neuen Kampfflugzeuge nicht in Frage. Nur bestens ausgebildete Berufsmilitär wird die neue Jet-Generation pilotieren. Die hochkomplexen Waffensysteme verlangen grosse Routine und möglichst wenig Einsatzunterbrüche.
Divisionär Bernhard Müller (60), Chef Einsatz und stellvertretender Kommandant der Luftwaffe, schlägt zwar noch nicht Alarm. «Im Moment können wir genügend Militärpiloten rekrutieren. Aber für die Zukunft ab 2022 oder 2025 – je nachdem, wann und wie viele neue Jets wir erhalten – stellen sich mir schon Fragen.» Die eine ist die nach dem tatsächlichen Personalbedarf, sie lässt sich im Moment noch nicht beantworten. Die andere ist die nach dem künftigen Berufsimage der Jetpiloten.
Jetpiloten gelten heute nicht mehr als Top-Gun-Helden
Thomas Hurter (54), SVP-Nationalrat, ehemaliger Berufsmilitärpilot und Präsident von Aerosuisse, dem Dachverband der schweizerischen Luft- und Raumfahrt, nennt Gründe für den Imageverlust. «Negativ wirken sich vor allem Lohnaspekte aus – in der Zivilfliegerei reden wir heute von einem Anfangslohn von etwa 85’000 Franken pro Jahr – sowie das ewige Rumgehacke auf der Armee und die finanziellen Unsicherheiten.»
Die Pechsträhne der Luftwaffe, die jüngst mehrere Unfälle mit Todesfolge zu verzeichnen hatte, spielt laut Hurter keine Rolle. Dafür die Arbeitsbedingungen. Berufsmilitärpiloten versehen den neu organisierten Luftpolizeidienst an 365 Tagen, ab 2020 sogar rund um die Uhr. Das ist wenig glamourös.
«Früher war ein Flugkapitän ein Held», sagt Beat Hedinger (41), der als Geschäftsleiter der Organisation Sphair den fliegerischen Nachwuchs des Landes rekrutiert. Gelitten habe vor allem das Image des zivilen Linienpiloten, früher ein typischer Milizberuf eines Kampfjetpiloten.
Luftwaffe hat den Steuerknüppel herumgerissen
Der Verlust an Prestige schlägt noch nicht auf die konkreten Zahlen durch. Jährlich stossen sechs Berufskampfjetpiloten neu zur Luftwaffe. Es sind die besten ihres Jahrgangs. Sphair siebt bei den durchschnittlich 600 bis 700 interessierten Jugendlichen gnadenlos. 700, 350, 250, 140, 100, 6 – so lautet in Kurzform die Zahlenreihe von Beat Hedinger.
Ein grosser Aufwand, um den Nachwuchs zu rekrutieren, und niemand weiss, was wäre, würde er nicht betrieben. Bei der Ausbildung hat die Luftwaffe den Steuerknüppel herumgerissen. Sie wurde von mehr als fünf auf dreieinhalb Jahre verkürzt und attraktiver gemacht: Die Jungen absolvieren heute nicht mehr zuerst drei Jahre lang ein obligatorisches Aviatikstudium, sondern es geht direkt in die militärfliegerische Ausbildung auf PC-7-Trainingsflugzeugen, inklusive Akrobatik und Formationsflug. Darauf folgt die einjährige Linienpilotenausbildung. Nach weiteren zwei Jahren sind die Militärpiloten auf dem F/A-18 brevetiert, bevor sie später je nach Neigung, Eignung und Bedarf ein Studium anhängen.
Politisches Gezänk wäre ein Desaster
Alles kann für die Katz sein, wenn politisches Gezänk um die neuen Jets wie das Gripen-Nein die Leute demotiviert. Der künftige Luftwaffenchef, Divisionär Müller, ist sich bewusst: «Sehen die geeigneten, ehrgeizigen Jungen in der Luftwaffenkarriere eine Sackgasse, dann suchen sie sich garantiert die sichere Option in der Privatwirtschaft, die ihre Faszination für Technik und Elektronik auch erfüllt.»