Das Bistum Chur ist stinksauer. Es wirft der Zürcher SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr (56) Amtsmissbrauch vor, weil sie sich in den Streit um die Nachfolge von Bischof Vitus Huonder (77) einmischen wollte.
Der Kirchenmann ist vergangenen Mai – nach zwölf Jahren im Amt – von der Spitze des Bistums Chur zurückgetreten. Seither sucht das Bistum einen Nachfolger. In der Poleposition sollen Erzkonservative stehen.
Bundesrat sollte beim Papst intervenieren
Ein Alptraum für Fehr, die als Chefin der Direktion für Justiz und Inneres auch Kirchenministerin im Kanton Zürich ist. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, wollte sie in einem Brief den Bundesrat dazu bringen, beim Papst vorzusprechen und sich für einen gemässigten Nachfolger stark zu machen. Sie wandte sich an die zuständigen Regierungsräte der anderen Kantone im Bistum Chur – Glarus, Graubünden, Nidwalden, Obwalden, Schwyz und Uri – und suchte Unterstützung.
Fehr befürchtet einen Angriff auf die Institution Landeskirche. So ist einer der heiss gehandelten Kandidaten für Huonders Nachfolge die rechte Hand Huonders Martin Grichting (52), der die «Staatskirche» abschaffen möchte. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass die Kirchensteuern in den meisten Kantonen nicht direkt ans Bistum gehen, sondern die demokratisch organisierte und vom Staat anerkannte Landeskirche.
«Angriff auf die Religionsfreiheit»
Die Landeskirchen im Bistum Chur teilen Fehrs Besorgnis. Der innerkirchliche Frieden und die Beziehung der Kirche zum Staat sei in Gefahr, so Martin Kopp, Generalvikar für die Urschweiz, zur «NZZ am Sonntag».
Das Bistum Chur indes wirft Fehr vor, gegen die Trennung von Staat und Religion verstossen zu haben. Es handle sich um einen «Angriff auf die Religionsfreiheit», so Bistumssprecher Giuseppe Gracia (53).
Keine Unterstützung für Fehr
Auch andere Kantone im Bistum sehen Fehrs Vorpreschen problematisch. Drei der sechs Kantone, die sie um Unterstützung gebeten hatte, teilten auf Nachfrage der «NZZ am Sonntag» mit, dass sie sich nicht in innerkirchliche Fragen einmischen wollten. Den Brief an den Bundesrat schickte die Zürcher Regierungsrätin darum bis heute nicht ab. (lha)