Streit um EU-Rahmenabkommen
Keller-Sutter will zwischen Streithähnen vermitteln

Gewerkschaftsboss Paul Rechsteiner verweigert Gespräche über die flankierenden Massnahmen. Er ist deshalb im Streit mit den FDP-Bundesräten. Jetzt bringt sich Ständerätin Karin Keller-Sutter als Schlichterin ins Spiel – aus gutem Grund.
Publiziert: 26.08.2018 um 01:26 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2018 um 20:33 Uhr
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Gewerkschaftsboss Paul Rechsteiner (66) liess Gespräche über die flankierenden Massnahmen platzen und löste damit ein politisches Erdbeben aus, das noch immer anhält.
Foto: Sabine Wunderlin
Thomas Schlittler

Paul Rechsteiner feiert heute seinen 66. Geburtstag. Doch der Gewerkschaftsboss und SP-Ständerat spaziert nicht etwa, Udo Jürgens trällernd, durch St. Gallen und geniesst das Rentnerleben. Denn für ihn ist noch lange nicht Schluss. Anfang August liess er Gespräche über die flankierenden Massnahmen platzen und löste damit ein politisches Erdbeben aus, das noch immer anhält.

Besonders sauer sind Johann Schneider-Ammann (66) und Ignazio Cassis (57). «Vertrauensbruch», werfen ihm die FDP-Bundesräte vor, beide treibende Kräfte hinter den geplanten Gesprächen. Mittlerweile redet man zwar wieder miteinander, die Fronten bleiben dennoch verhärtet. «Wir sind uns bei den flankierenden Massnahmen weder inhaltlich noch im Vorgehen einig», sagte Schneider-Ammann gestern dem «Tages-Anzeiger».

Eine Bessere als Keller-Sutter kann es nicht geben

Nun meldet sich in dem Streit eine der einflussreichsten Politikerinnen des Landes zu Wort: Karin Keller-Sutter (54). Sie würde gerne schlichten, wie sie gegenüber SonntagsBlick sagt: «Selbstverständlich stehe ich immer für die Vermittlung zur Verfügung, wenn man mich braucht.»
Eine Bessere als Keller-Sutter kann es nicht geben. Mit den Bundesräten Schneider-Ammann und Cassis teilt sie das FDP-Parteibuch, mit Ständeratskollege Rechsteiner vertritt sie in Bern die Interessen des Kantons St. Gallen – und dies erstaunlich harmonisch: «Herr Rechsteiner und ich arbeiten bei regionalen Angelegenheiten gut und eng zusammen. Wir können uns aufeinander verlassen.» Wenn man bedenkt, wie weit die beiden politisch auseinander liegen, kommt dies einer Liebeserklärung gleich.

Ob es Keller-Sutter tatsächlich gelingt, dass sich Rechsteiner und die FDP-Bundesräte wieder annähern, ist dennoch fraglich. Kaum jemand glaubt, betreffend Rahmenabkommen bald eine Lösung zu finden, die innenpolitisch abgestützt ist. Keller-Sutter sagt dazu: «Der Konflikt um die flankierenden Massnahmen blendet aus, dass es beim Rahmenabkommen weitere offene Fragen gibt, die politisch heikel sind.»

Sie schielt auf die Nachfolge von Schneider-Ammann

Wieso sich die Ständerätin dennoch als Brückenbauerin zwischen Bürgerlichen und Linken versuchen möchte, liegt auf der Hand: Sie schielt auf die Nachfolge von Schneider-Ammann. Bei der Bundesratswahl 2010 zog sie gegen den Berner den Kürzeren.

Damals war sie noch Regierungsrätin sowie Präsidentin der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz, erarbeitete sich den Ruf als «Hardlinerin», «eiserne Lady» oder gar «Blocher im Jupe» – und erhielt deshalb aus dem linken Lager kaum Stimmen. Bei der Schneider-Ammann-Ersatzwahl soll das anders sein. Keller-Sutter hat sich mittlerweile zur Sozial- und Wirtschaftspolitikerin gewandelt – und als Brückenbauerin profiliert. Wetten, dass ihr mittlerweile sogar Paul Rechsteiner die Stimme geben würde ...?

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