Kritik an Bundesrats-Plan
Helmobligatorium für alle E-Biker dürfte es schwer haben

Der Bundesrat holt sich bei der geplanten Helmtragpflicht für alle E-Biker eine Beule. Das Ansinnen ist in der Vernehmlassung auf grossen Widerspruch gestossen. Nur der TCS und die BFU sind dafür. Umstritten ist die Aufweichung des Raser-Artikels.
Publiziert: 13.12.2020 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2020 um 16:51 Uhr
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Heute gilt die Helmpflicht erst für Fahrer, die mit einem schnellen E-Bike unterwegs sind. (Themenbild)
Foto: GAETAN BALLY

Wenn es nach dem Bundesrat geht, sollen künftig alle E-Bikerinnen und -Biker einen Helm tragen und das Licht am Velo auch tagsüber einschalten müssen. Damit will die Landesregierung die steigende Zahl von E-Bike-Unfällen senken. In den letzten fünf Jahren haben sich die schweren Unfälle mit Elektrovelos fast verfünffacht. Die Mehrheit der Opfer fuhr ein E-Bike mit einer unterstützten Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h.

Heute gilt bereits eine Helmpflicht für bis 45 km/h fahrende E-Bikes. Helme sollen nun auch auf langsamen Modellen getragen werden müssen. Wer ohne Helm fährt, soll mit 30 Franken gebüsst werden können. Die Vernehmlassungsfrist zum Revisionspaket zum Strassenverkehrsrecht ist am Samstag abgelaufen.

Bei den politischen Parteien kommt die geplante Verschärfung von links bis rechts nicht gut an. Links-grün befürchtet, dass dadurch das Velofahren weniger attraktiv würde. Die FDP findet, es liege in der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen, ob er auf dem E-Bike einen Helm aufsetzen wolle oder nicht.

Auch die Grünliberalen halten nichts von einer Helmpflicht für langsame E-Bikes. Sie sind für Empfehlungen und Aufklärungskampagnen mit klaren Zielvorgaben. Die SP schreibt, im Ausland habe sich gezeigt, dass die Velohelmpflicht zur einer grossen Abnahme des Veloverkehrs geführt habe. Gleichzeitig werde so Unfällen nicht mehr an der Quelle vorgebeugt.

SVP und CVP haben bis am Samstag keine Stellung zum Entwurf genommen. Beide Parteien haben um eine Verlängerung der Vernehmlassungsfrist gebeten.

Pro Velo erachtet das Obligatorium ebenfalls als kontraproduktiv. Die Schweiz brauche eine bessere Veloverkehrsinfrastruktur und nicht eine Helmpflicht, «welche die Velofahrer vergrämt», lässt sich Präsident Matthias Aebischer in der Vernehmlassungsantwort zitieren. Man dürfe jetzt nicht den positiven und dringend nötigen Trend hin zum Velo ersticken.

Der TCS unterstützt die Ausweitung der Helmpflicht, weil eine solche die Verkehrssicherheit erhöhe. Zusammen mit der vom Bundesrat ebenfalls beantragten Lichtpflicht auch am Tag hätten rund 10 Prozent der schweren E-Bike-Unfälle im Jahr 2018 verhindert werden können.

Für die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) ist das Tragen eines Schutzhelms eine einfache und wirksame Massnahme, um bei einem Unfall die Wahrscheinlichkeit von Kopfverletzungen um die Hälfte zu reduzieren. Noch immer sei heute jeder und jede Dritte auf einem langsamen E-Bike ohne Helm unterwegs. Auch Licht am Tag für alle E-Bikes und Tachos für schnelle E-Bikes seien sinnvoll und erhöhten die Sicherheit zusätzlich.

Beim Beurteilen so genannter Raserdelikte will der Bundesrat den Gerichten mehr Spielraum geben, was zu einer Entschärfung der Strafen führen dürfte. Der Bundesrat will so insbesondere Härtefälle verhindern. Bei Fahrlässigkeit oder wenn durch die schnelle Fahrt kein Risiko für einen schweren Unfall entstanden ist, sollen die Gerichte darauf verzichten können, den Raser-Tatbestand anzuwenden.

Die Grünliberalen lehnen eine Aufweichung dieser Via sicura-Massnahme ab. Namentlich bei Wiederholungstätern gelte «Nulltoleranz». In Härtefällen sollten jedoch Ausnahmen möglich sein.

Die SP steht den Anpassungen im Bereich der Verkehrssicherheit generell kritisch gegenüber. Einerseits lockere man wirksame Massnahmen zur Vermeidung einer Fremdgefährdung (Raser-Artikel), anderseits würden neue Vorschriften ergriffen für Verkehrsverhalten, von dem keine Fremdgefährdung ausgehe (Helmpflicht). «Damit wird die Verantwortung für die Sicherheit zunehmend zu den Opfern verschoben.»

Der TCS wiederum begrüsst die Anpassung bei den Raserdelikten. Dies ermögliche den Gerichten, besser angepasste und abgestufte Urteile zu verhängen.

Bezogen auf das gesamte Revisionspaket vermissen die BFU und die SP die einfachere Umsetzung von Tempo 30 und die obligatorische Nachschulung von Verkehrsdelinquenten. Tempo 30 biete ein enormes Potenzial für die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Die rechtlichen Hürden für die Einführung von Tempo 30 seien heute zu hoch und müssten reduziert werden.

(SDA)

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