Strassenlobbyist Amstutz bandelt mit seinen Gegnern an
Die Kuhhandel-Initiative

Alle Steuern der Autofahrer für die Strasse. Das will das Milchkuh-Volksbegehren über das am 5. Juni abgestimmt wird. Doch hinter den Kulissen geben sich die Initianten kompromissbereit. Sogar eine Benzinpreiserhöhung wird akzeptiert!
Publiziert: 13.03.2016 um 14:30 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:00 Uhr
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Ein Prosit auf den Deal: Adrian Amstutz, Bundesrätin Doris Leuthard und Kommissionspräsident Olivier Français.
Foto: Illustration: Igor Kravarik
Marcel Odermatt

Am Dienstag debattiert der Ständerat über die künftige ­Finanzierung des Strassenverkehrs. Die zuständige Kommission schlägt vor, dass neu 60 Prozent der Einnahmen aus der Mineralölsteuer in die Infrastruktur des Individualverkehrs fliessen. Heute ist es nur die Hälfte – oder 15 Rappen pro Liter Treibstoff. Gleichzeitig möchten die Vertreter des Stöcklis diese Abgabe um vier Rappen erhöhen – Benzin und Diesel würden also pro Liter um vier Rappen teurer. Das Geld soll in einen neu geschaffenen National­strassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) fliessen.

Die Chancen stehen gut, dass eine Mehrheit den Ansinnen zustimmt. Sogar eine Anpassung des Benzinpreises ist mehrheitsfähig, weil der Ölpreis so tief ist wie seit Jahren nicht mehr.

Dass der Ständerat der Strasse mehr Geld geben will, ist kein Zufall. Am 5. Juni stimmt das Volk über die sogenannte Michkuh-Initiative ab. Sie verlangt, dass künftig alle Steuererträge der Autofahrer in den Bau und Unterhalt von Strassen und Autobahnen fliessen. Eine Erhöhung des Benzinpreises lehnen die Befürworter kategorisch ab – zumindest nach aussen.

Im Hintergrund sind sie gesprächsbereiter. Das zeigt die Aktennotiz eines Treffens von Milchkuh-Initiant und SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz (62, BE) mit dem Präsidenten der ständerätlichen Verkehrskommission, Olivier Français (60, FDP/VD) und Walter Thurnherr (52, CVP). Thurnherr war bis vor kurzem Generalsekretär des Bundesamts für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) von Bundesrätin Doris Leuthard (52, CVP), heute ist er Bundeskanzler.

In der Notiz ist von Eckwerten die Rede, die «einvernehmlich festgehalten» wurden. Erstens stimmt Amstutz einer Zweckbindung der Mineralölsteuer zu, die bei mindestens 60 Prozent liegt. Damit begibt sich der Präsident des Lastwagenverbandes Astag auf die Linie des Ständerats – und geht auf Distanz zur Forderung der Michkuh-Initiative.

Zweitens stimmt er einer Erhöhung des Benzin- und Dieselpreises von vier Rappen zu. Diese dürfe aber erst erhoben werden, «wenn baureife Projekte sonst nicht ausgeführt werden können», schreibt der Berner Nationalrat unter dem Titel «Resultat über die Diskussion wesentlicher Eckwerte der Vorlage».

Die Frage stellt sich: Warum rückt der SVP-Spitzenpolitiker im Hintergrund von Kernpunkten seines Anliegens ab – und spricht sich sogar für einen höheren Benzinpreis aus? Amstutz: «Ich kämpfe vorab gegen die Abzockerei der Strassenbenutzer und deshalb für die Milchkuh-Initiative.» Wenn das Volk diese annehme, brauche es eben keine Aufschläge. Um dann einzuräumen: «Sollte das Volk die Initiative ablehnen, braucht es im Parlament mehrheitsfähige Lösungen, die wenigstens in die richtige Richtung gehen.» Die Initiative sei «die beste Lösung», der NAF «die zweitbeste».

Klar ist: Die Milchkuh-Initianten haben nun im Abstimmungskampf ein Glaubwürdigkeits­problem. Sie werden ihre «Wir wollen alles»-Position nur schwer aufrechterhalten können.

Milchkuh-Initiative: Darum geht es

Am 5. Juni entscheidet das Volk über die Milchkuh-Initiative. Hinter dem Begehren steht Auto-Schweiz, der Verband der Autoimporteure. Autofahrer seien die Milchkühe der Nation, sagen die Befürworter. Sie zahlten hohe Steuern – und stünden trotzdem im Stau. Das Begehren fordert, dass sämtliche Einnahmen aus der Mineralölsteuer dem Strassenbau und unterhalt zugute­kommen. Heute sind es nur 50 Prozent. Der Rest fliesst in die Bundeskasse, also rund 1,5 Milliarden Franken. Das ­Pro­blem: Fliesst dieses Geld in den Strassenverkehr, fehlt es in der Bundeskasse.

Am 5. Juni entscheidet das Volk über die Milchkuh-Initiative. Hinter dem Begehren steht Auto-Schweiz, der Verband der Autoimporteure. Autofahrer seien die Milchkühe der Nation, sagen die Befürworter. Sie zahlten hohe Steuern – und stünden trotzdem im Stau. Das Begehren fordert, dass sämtliche Einnahmen aus der Mineralölsteuer dem Strassenbau und unterhalt zugute­kommen. Heute sind es nur 50 Prozent. Der Rest fliesst in die Bundeskasse, also rund 1,5 Milliarden Franken. Das ­Pro­blem: Fliesst dieses Geld in den Strassenverkehr, fehlt es in der Bundeskasse.

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