In der forensischen Ermittlungsarbeit können Gentests wichtige Hinweise liefern, indem sich mit ihnen ein Täterprofil erstellen lässt. In der Schweiz dürfen bisher nur nach Übereinstimmungen in vorhandenen Gendatenbanken gesucht werden. Das revidierte DNA-Profil-Gesetz soll künftig die sogenannte DNA-Phänotypisierung ermöglichen. Diese wissenschaftliche Analysemethode erlaubt es, aus einer DNA-Spur an einem Tatort äusserlich sichtbare Merkmale einer Person mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit herauszulesen.
Heute gelten bei der Erstellung von DNA-Profilen für die Strafverfolgungsbehörden hohe Anforderungen. So darf aus einer DNA-Spur in der Schweiz lediglich das Geschlecht herausgelesen werden. Künftig sollen aus einer DNA-Spur auch die Augen-, Haar- und Hautfarbe, die biogeografische Herkunft sowie das Alter eruiert werden können. Der Bundesrat kann in Zukunft weitere äusserliche Merkmale festlegen, wenn sich ihre Bestimmung als zuverlässig erweist.
Mehr Sicherheit für die Bevölkerung
Der Bundesrat verabschiedete nun die Botschaft zur Änderung des DNA-Profil-Gesetzes zuhanden des Parlaments. Damit könnten Strafverfolgungsbehörden ihre Ermittlungsarbeiten künftig besser und rascher fokussieren, heisst es in einer Mitteilung. «Neben Zeugenaussagen oder Auswertungen digitaler Daten ergibt sich durch die Phänotypisierung ein präziseres Bild des gesuchten, unbekannten Spurenlegers.» Das verbessert laut dem Bundesrat die Sicherheit der Bevölkerung.
Die Gesetzesrevision verlangt hatten National- und Ständerat mit einer an den Bundesrat überwiesenen Motion von alt Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU) mit dem Titel «Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger».
Alles dürfen die Ermittler nicht
Das revidierte Gesetz enthält den Strafverfolgungsbehörden auch Schranken. So darf ein Analyseergebnis der Phänotypisierung nur für die Ermittlungen in einem konkreten, aktuellen Fall verwendet und nicht in der DNA-Datenbank gespeichert werden, wie der Bundesrat schreibt.
Die Methode soll zudem nur für die Aufklärung von schweren Verbrechen angewendet werden dürfen, konkret bei Straftatbeständen, welche mit einer maximalen Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bestraft werden - wie beispielsweise Vergewaltigung, Mord oder Raub. Bei Vergehen wie etwa Sachbeschädigung steht die Methode nicht zur Verfügung.
Die Phänotypisierung muss durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Der Bundesrat spricht von einer «ausgewogenen und praktikablen Lösung».
Weiter regelt das Gesetz gestützt auf die Rechtsprechung des Bundesstrafgerichts den Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug. Meldet die DNA-Datenbank beim Abgleich einer DNA-Spur keinen Treffer und sind bislang alle Ermittlungen ergebnislos geblieben, ist ein solcher Suchlauf eine weitere Option, um die Person zu identifizieren, von der die sichergestellte DNA-Spur stammt.
Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten nach dem Spurenleger gesucht. Dieser Suchlauf ist ebenfalls nur für die Aufklärung von Verbrechen zulässig und wird durch die Staatsanwaltschaft angeordnet.
Schliesslich wird im revidierten Gesetz die Löschregelung von DNA-Personenprofilen administrativ vereinfacht. Künftig wird die Aufbewahrungsdauer der DNA-Personenprofile in der DNA-Datenbank einmalig im Urteil festgelegt. Einzig bei Verwahrungen und therapeutischen Massnahmen bleiben die Löschfristen vom Vollzug der Sanktion abhängig.
Vorbild Niederlande
Die Niederlande haben bereits 2003 als erstes Land der Welt eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Phänotypisierung geschaffen. Die Schweiz konnte von den jahrelangen Erfahrungen profitieren, die die niederländischen Behörden mit der Phänotypisierung gesammelt haben, wie das Justizdepartement (EJPD) im Oktober mitteilte. Das Instrument habe im Ausland die Aufklärung von zahlreichen Delikten unterstützt.
Die Stiftung für Technologiefolgenabschätzung TA-Swiss warnt in einer Studie davor, dass die Ergebnisse einer DNA-Phänotypisierung nicht eindeutig seien. Ein Phantombild des Täters aufgrund eines DNA-Tests zu erstellen, sei eine unrealistische Erwartungshaltung.
Durch die Phänotypisierung bestehe auch die Gefahr, dass unschuldige Personen ins Visier der Ermittlungen gerieten. TA-Swiss empfiehlt deshalb, diese Anwendung nur in besonders schweren Fällen einzusetzen.
(SDA)