Sorgenfalten im Bundeshaus wegen der Türkei. Welche Folgen hat das Chaos im Erdogan-Reich für die Schweiz? Welche Konsequenzen müssen die Politiker jetzt ziehen. Ein bevorstehendes Problem: Die Europäische Union verhandelt derzeit mit der Türkei über eine Aufhebung der Visumspflicht. Die Schweiz als assoziiertes Mitglied des Schengenraumes hätte die neue Regelung zu übernehmen - andernfalls könnte sie aus Schengen ausgeschlossen werden.
Nur: Die bürgerlichen Parteien, SVP, FDP und CVP, lehnen jetzt in dieser heiklen Zeit die Aufhebung der Visumspflicht für Türken offensichtlich ab. Die Politiker befürchten laut der «NZZ am Sonntag», dass bei einer Visumsbefreiung die Sicherheit in der Schweiz beeinträchtig werde. «Es könnten leichter Personen in die Schweiz gelangen, die als gefährlich einzustufen sind», sagt SVP-Nationalrat Roland Büchel, der Präsident der Aussenpolitischen Kommission.
Zudem sei zu befürchten, dass viele Türken in der Schweiz um Asyl ersuchen könnten, da sie sich nun in ihrer Heimat verfolgt fühlten. CVP-Ständerat Pirmin Bischof erklärt, zuerst müsse man verfolgen, wie es weitergehe mit der Befolgung der Menschenrechte in der Türkei. Die Bewahrung der demokratischen Institutionen sei eine Voraussetzung für eine Lockerung der Reisebestimmungen.
Heer will im Europarat Türken Stimmrecht entziehen
Und auch auf europäischer Ebene treten Schweizer Politiker auf die Bremse bezüglich Türkei. Der Präsident der Schweizer Delegation im Europarat, Alfred Heer, plädiert nach den jüngsten Entwicklungen in der Türkei für einen Stimmrechtsentzug seiner türkischen Kollegen in Strassburg. «Die Regierung in Ankara beschneidet die Medienfreiheit, lässt aufgrund irgendwelcher Listen tausende Leute verhaften und hebt für nichtige Dinge wie die Beleidigung des Präsidenten die Immunität von Parlamentariern auf – da gibt es nur eine Konsequenz: Man muss der Türkei das Stimmrecht entziehen. So wie man es auch bei Russland nach der Intervention in der Ukraine gemacht hat», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat der «SonntagsZeitung».
«Man kann ja nicht sagen, wir haben da eine Menschenrechtskonvention, aber die gilt nur für Kleinstaaten», so Heer weiter. Der SVP-Politiker wendet zudem ein, der Flüchtlingsdeal der EU mit der Türkei, den er persönlich zwar befürworte, sei «aus Sicht der Menschenrechte ja eigentlich nicht in Ordnung. Denn es werden die Grundrechte der Flüchtlinge beschnitten.» (sin)