Ständeratsvorschlag vs. Milchkuh-Initiative
Lücke von 100 bis 200 Millionen Franken bleibt

Die ständerätliche Verkehrskommission will der Strasse 800 Millionen zusätzlich zukommen lassen. Doch das reiche nicht für die geplanten Projekte, sagt FDP-Nationalrat Thierry Burkart. Unter dem Strich würden 100 bis 200 Millionen jährlich fehlen.
Publiziert: 14.03.2016 um 10:21 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:45 Uhr
Ruedi Studer
Für die Strasse soll mehr Geld fliessen. Unter anderem über einen höheren Benzinpreis.
Foto: Ex-Press

Am 5. Juni kommt die Milchkuh-Initiative von Auto-Schweiz vors Volk. Bei einem Ja würden rund 1,5 Milliarden Franken aus der Mineralölsteuer neu in die Strassenkasse fliessen statt in die allgemeine Bundeskasse.

Das Parlament lehnt die Initiative zwar ab, die Strasse soll aber trotzdem mehr Geld erhalten – und zwar mit dem neuen Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF). Doch anstatt den gesamten Mineralölsteuerertrag dorthin umzulenken, entscheidet der Ständerat am Dienstag über einen Vorschlag, der immerhin gut 800 Millionen zusätzlich einbringen würde.

TCS rechnet mit 3,2 Milliarden pro Jahr

Gemäss einer internen Berechnung des TCS würden bis 2030 durchschnittlich gut 3,0 bis 3,1 Milliarden jährlich in den NAF fliessen, wenn die Lösung der ständerätlichen Verkehrskommission durchkommt. Rund 1700 Mio. aus dem heutigen Mineralölsteuerzuschlag; 200 Mio. aus einer Benzinpreiserhöhung um 4 Rappen; 360 Mio. durch die Autobahnvignette; 400 Mio. durch die Automobilsteuer; gut 90 Mio. durch eine neue Abgabe auf Elektro-Mobile; 60 Mio. von den Kantonen sowie bis zu 250 Mio. aus der Mineralölsteuer, falls die vorgesehene Zweckbindung von zusätzlich maximal 10 Prozent der Mineralölsteuer tatsächlich voll ausgeschöpft wird. 

Auf der Ausgabenseite kommt der TCS allerdings auf durchschnittlich rund 3,2 Milliarden pro Jahr. Dabei berücksichtigt er Ausgaben für die bestehenden Nationalstrassen ebenso wie für Netzfertigstellung, -ergänzung und -übernahme oder bereits geplante Agglomerationsprojekte.

FDP-Burkart: «Finanzloch von 3 Milliarden»

«Unter dem Strich fehlen selbst im besten Fall jährlich 100 bis 200 Millionen Franken im Strassenbereich», sagt TCS-Vizepräsident und FDP-Nationalrat Thierry Burkart (AG) zu BLICK. «Bis ins Jahr 2030 summiert sich das Finanzloch auf gut und gern 3 Milliarden Franken.»

FDP-Nationalrat Thierry Burkart (AG).
Foto: Keystone

Für ihn ist deshalb klar: «Die Verkehrskommission des Ständerats hat gut gearbeitet und ist mit seinem Lösungsvorschlag auf gutem Weg. Die Vorlage muss aber nachgebessert werden. Sonst steigen die Chancen der Milchkuh-Initiative.» 

CVP-Graber: «Quasi eine halbe Milchkuh»

«Das ist ja nahezu ein Punktlandung», kommentiert hingegen CVP-Ständerat Konrad Graber (LU) die TCS-Berechnung. «Ich hätte eine grössere Finanzierungslücke erwartet. Sie entspricht genau den zwei zusätzlichen Mineralölsteuerrappen, die der Bundesrat mit total 6 statt 4 Rappen vorsah.»

CVP-Ständerat Konrad Graber (LU).
Foto: Keystone

Mit den zusätzlichen 800 Millionen komme man den Milchkuh-Initianten schon sehr weit entgegen. «Das ist quasi eine halbe Milchkuh», so Graber. «Für den Moment reicht diese Lösung. Für die Automobilisten ist es ein Luxus-Kompromiss.»

Und sollten später tatsächlich zu viele Strassenprojekte spruchreif sein, werde man sicher eine passende Zusatzfinanzierung finden. «Es bringt aber nichts, sich auf Vorrat Sorgen zu machen.»

Mit der Ständeratslösung sei jedenfalls eine gute Grundlage gelegt, so Graber. «Einer weitergehenden Lösung werde ich nicht zustimmen.»

Wo schraubt der Nationalrat?

Allerdings dürfte im Nationalrat noch an der einen oder andern Schraube gedreht werden. Aus Sicht von FDP-Mann Burkart müssen «eher mehr als 10 Prozent» aus der Mineralölsteuer in den NAF fliessen – «und zwar fix, ohne Spielraum für den Bundesrat».

Doch auch auf der Gegenseite gibt es noch Änderungsideen. «Anstatt die Bundeskasse zu belasten, sollte man den NAF durch eine Maut an den wichtigsten Alpenübergängen mitfinanzieren», sagt GLP-Nationalrat Jürg Grossen (BE). «Das wäre eine verbrauchsabhängige Lösung, bei welcher auch ausländische Strassennutzer einen gewissen Beitrag leisten würden.» Der Ständeratslösung begegnet Grossen jedenfalls «mit gesunder Skepsis» – und die Milchkuh-Initiative lehnt er «aus voller Überzeugung» ab.

SVP-Nationalrat Walter Wobmann (SO) wiederum, der im Initiativkomitee sitzt, hält nicht viel vom Ständeratskompromiss. «Eine Benzinpreiserhöhung kommt nicht in Frage. Die Automobilisten bezahlen bereits genug Abgaben» sagt er. «Nur die Milchkuh-Initiative garantiert, dass die Strassengelder vollumfänglich in die Strasse fliessen.» Sollte die Initiative abgelehnt werden, bestehe die Gefahr, dass das Parlament doch noch weiter zulasten der Autofahrer am NAF herumdoktere. «Mit einem Ja zur Initiative schaffen wir Klarheit über die Finanzierung.»

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