Ständerats-Kommission hat entschieden
Mieschs Immunität soll aufgehoben werden

Die Kasachstan-Affäre könnte doch noch ein juristisches Nachspiel haben: Die Rechtskommission des Ständerats will die Immunität des ehemaligen Baselbieter SVP-Nationalrats Christian Miesch aufheben.
Publiziert: 22.08.2018 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 23:01 Uhr
Der Ständerat will die Immunität von Ex-Nationalrat Christian Miesch (SVP) aufheben.
Foto: Keystone/SVP/FOTOLABOR SPIESS AG / FOTOLABOR SPIESS AG

Nach Angaben der Parlamentsdienste vom Mittwoch fiel der Entscheid mit 11 zu 1 Stimmen. Die Rechtskommission sah einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Mieschs Verhalten und seinem Amt, weshalb sie auf das Gesuch der Bundesanwaltschaft um Aufhebung der Immunität eintrat. In einem zweiten Schritt beschloss sie, die Immunität aufzuheben.

Für die Rechtskommission wiegt das rechtsstaatliche Interesse an einer Strafverfolgung schwerer als die institutionellen Interessen des Parlaments. Ihrer Ansicht nach ist es ausserdem in Mieschs Interesse, sich und seinen Ruf im Rahmen eines Strafverfahrens zu verteidigen. Nur so könne abschliessend festgestellt werden, dass er sich keine strafbare Handlung zu Schulden habe kommen lassen.

Nationalratskommission muss nochmal ran

Die Immunitätskommission des Nationalrats hatte es im Juni abgelehnt, Mieschs parlamentarische Immunität aufzuheben. Sie begründete den Entscheid mit dem tiefen Unrechtsgehalt des Verhaltens.

Nun nimmt sich die nationalrätliche Immunitätskommission an der am 10. September beginnenden Herbstsession nochmals Mieschs an. Derzeit suchen die Mitglieder der Immunitätskommission noch via Doodle-Kalender einen Sitzungstermin. Lehnt die Immunitätskommission die Aufhebung von Mieschs parlamentarischer Immunität ein zweites Mal ab, ist das Gesuch endgültig vom Tisch.

Borer spricht von Irrtum

Die Bundesanwaltschaft will im Zusammenhang mit der sogenannten Kasachstan-Affäre gegen Miesch ermitteln. Miesch soll dem Lobbyisten Thomas Borer 2015 als Sekretär der Gruppe Schweiz-Kasachstan 4635 Franken für ein Senioren-Generalabonnement 1. Klasse in Rechnung gestellt haben. Als Nationalrat hatte Miesch damals bereits ein GA.

Die Bundesanwaltschaft verdächtigt Miesch, das Geld für die Einreichung einer Interpellation kassiert zu haben. Es geht um passive Bestechung und Vorteilsannahme. Vor der Immunitätskommission des Nationalrats hatte Miesch geltend gemacht, er habe die Interpellation aus eigenem Antrieb eingereicht.

Laut Borer wurde der Betrag an Miesch irrtümlich aufgrund eines Fehlers in der Buchhaltung bezahlt. Miesch habe das Geld zurückerstattet. Auch Borer ist wegen der Angelegenheit im Visier der Justiz. Ein Strafverfahren hat die Bundesanwaltschaft noch nicht eröffnet. Sie will zuerst den definitiven Entscheid über die Aufhebung der Immunität von Miesch abwarten, wie es auf Anfrage der Agentur Keystone-SDA heisst.

Transparency Schweiz: Gravierende Vorwürfe

Transparency International Schweiz begrüsst den Entscheid, die Immunität aufzuheben. Die Geschäftsleitung lässt per Medienmitteilung ausrichten: «Wenn Rechnungen ausgestellt werden für angebliche Aufwendungen oder Spesen, die gar nicht angefallen sind, so sind dies klassische Konstellationen für Korruptionsdelikte.»

Solche Vorwürfe gegen einen amtierenden oder ehemaligen Nationalrat seien «höchst gravierend und müssen strafrechtlich abgeklärt werden», heisst es weiter. Ansonsten würde das Vertrauen der Bevölkerung in die Volksvertreter schwer leiden. Es sei darum wichtig, dass die Immunitätskommission des Nationalrats nun auch zur «Vernunft kommt und diesem Entscheid folgt».

Auch Blocher wurde die Immunität schon versagt

Die Parlamentskommissionen entscheiden nur selten zu Ungunsten ihrer Ratskolleginnen und Ratskollegen. So blieb auch die Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder im Zusammenhang mit der Kasachstan-Affäre vor Strafverfolgung geschützt.

Im Oktober 2016 wurde hingegen die Immunität des Schwyzer SVP-Nationalrats Pirmin Schwander aufgehoben. Er soll eine Mutter unterstützt haben, die ihr Kind vor der KESB versteckte. Auch in der Affäre Hildebrand kamen die zuständigen Parlamentskommissionen zum Schluss, dass Christoph Blocher nicht durch die parlamentarische Immunität geschützt war.

Miesch sass bis 2015 im Nationalrat. Er wurde zweimal in die grosse Kammer gewählt, zunächst 1991 für die FDP, 2003 für die SVP. Zweimal wurde er nicht wiedergewählt. Nach einem Rücktritt rutschte er 2014 noch einmal nach, 2015 trat er aber nicht noch einmal zu den Wahlen an.

Darum mussten sich die Kommissionen auch erstmals mit der Frage befassen, ob die parlamentarische Immunität auch nach dem Ausscheiden aus dem Rat gilt. Beide haben dies bejaht. (SDA/duc)

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