Keine Fussfesseln und Handy-Überwachung
Ständerat nimmt Gefährder nicht an kürzere Leine

Der Ständerat hat zwei Vorstösse versenkt, die potenzielle Dschihadisten strenger überwachen wollten. Trotzdem sind die SVP-Forderungen noch nicht vom Tisch.
Publiziert: 31.05.2018 um 07:37 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:55 Uhr
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Fussfesseln können heute nur bei Straftätern eingesetzt werden. SVP-Nationalrat Bruno Walliser will sie auch Gefährdern an den Knöchel binden.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Seit Absitzen seiner Strafe ist der Iraker Osamah M. ein freier Mann. Zumindest fast. Der verurteilte IS-Sympathisant lebt in einer Einrichtung im Kanton Schaffhausen – unter strengen Auflagen: Handy und Laptop sind verboten, Telefongespräche werden abgehört. Denn obwohl M. nicht mehr im Gefängnis sitzt, gilt er noch immer als gefährlich. 

M. ist eine von rund 90 Personen, die der Nachrichtendienst als sogenannte Risikopersonen einstuft. Sie gelten wegen ihrer radikalen Gesinnung als potenzielle Gefahr für die Sicherheit der Schweiz und werden deshalb überwacht. Doch geht die Überwachung weit genug? 

Ständerat sagt Nein

Darüber debattierte heute der Ständerat. Gleich zwei Motionen standen zur Diskussion, die die Freiheitsrechte der «Gefährder» massiv einschränken wollten. Beide hat das Stöckli abgelehnt.

Der Zürcher SVP-Nationalrat Bruno Walliser (52) forderte, dass die potenziellen Terroristen Tag und Nacht überwacht werden können. Dazu sollen elektronische Fussfesseln zum Einsatz kommen, wie sie heute teilweise Straftäter tragen müssen. 

Sein Berner SVP-Kollege Adrian Amstutz (64) wollte zudem, dass der Nachrichtendienst auch die Handys von Gefährdern abhören darf. Ausserdem sollen sie zu einem Gespräch mit den Behörden gezwungen werden können. Nach geltendem Recht ist eine Vorladung nicht verbindlich. «Ein Hohn», sagt Nationalrat Amstutz.

Fussfesseln kommen vielleicht doch

Das doppelte Nein bedeutet aber nicht, dass der Ständerat – und notabene auch der Bundesrat – nicht für eine Verschärfung der Überwachung von Gefährdern ist. Der Vorstoss von Walliser wurde abgelehnt, weil der Bundesrat bereits ein Gesetz in der Pipeline hat, das diverse polizeiliche Massnahmen zur Terrorbekämpfung vorsieht. Dazu gehören auch Fussfesseln. Die Motion sei deshalb überflüssig, sagte Verteidigungsminister  Parmelin.

Zudem gab CVP-Ständerat Beat Rieder zu bedenken, dass nicht der Nachrichtendienst, sondern die Polizei für solche Überwachungsmassnahmen zuständig ist. 

«Das Beispiel Deutschland zeigt, was passiert, wenn man wartet»

Auslöser für die Vorstösse der beiden SVP-Vertreter waren die Terroranschläge, die Europa in den letzten Jahren erschütterten. Im Nachhinein sei vielfach bekannt geworden, dass einige der Attentäter den Behörden als Gefährder bekannt waren, sagt Amstutz. «Der Staat ist da, um die Menschen in der Schweiz zu schützen, Terroranschläge zu verhindern – und nicht um registrierte Gefährder zu hätscheln, bis diese ein Massaker verüben!»

Ein Attentat in der Schweiz: Dieses Horror-Szenario hat auch SVP-Politiker Walliser im Kopf. «Das Beispiel Deutschland zeigt, was passiert, wenn man wartet», sagt er. Nach dem Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 hat der Bundestag im Schnellzugtempo ein Gesetz verabschiedet, das den Einsatz von Fussfesseln bei Gefährdern erlaubt. Genau das will Walliser auch in der Schweiz.

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