Stadtzürcher Polizeivorsteher verursacht Stress wegen Bann von Nationalitätennennung
Polizisten telefonieren sich einen Wolff

Seit November gilt für die Zürcher Stadtpolizei eine neues Regime. Die Nationalität des Täters wird in Polizeimeldungen nicht mehr automatisch genannt. Jetzt zeigt sich: Die Änderung ist ein Schuss in den Ofen.
Publiziert: 19.01.2018 um 10:34 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:25 Uhr
Der Stadtzürcher Sicherheitsvorsteher Richard Wolff (60, AL) hat mit dem Verzicht auf die automatische Nationalitäten-Nennung eine hitzige Debatte und bürokratischen Mehraufwand ausgelöst.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Letzten November erging die Weisung von Sicherheitsvorsteher Richard Wolff (60, AL) an die Stadtpolizei Zürich, bei Polizeimeldungen die Nationalität von Tätern nicht mehr zu nennen. Ihre Herkunft wird nur noch auf Nachfrage genannt. Einzig bei Fahndungsaufrufen wird die Nationalität automatisch mitgeliefert.

Diese Anpassung hat für immensen Aufruhr gesorgt. Derart grossen, dass die SVP des Kantons Zürich letzte Woche eine kantonale Volksinitiative lanciert hat, die die Rückkehr zur automatischen Nationalitäten-Nennung verlangt (BLICK berichtete).

Mehraufwand für die Stadtpolizei

Jetzt zeigt sich: Wolffs Anordnung ist ein Schuss in den Ofen. Denn seit die Herkunft von Tätern nicht mehr automatisch veröffentlicht wird, fragen Interessierte diese ständig nach.

Das zeigen die Erfahrungen der Stadtpolizei Zürich: «In den Monaten November und Dezember haben wir 36 für die Herkunftsthematik relevante Polizeimeldungen verschickt», sagt Sprecher Marco Cortesi (62) zu BLICK. «Dazu haben wir rund 100 Nachfragen von Medien und Bürgern zur jeweiligen Nationalität erhalten.»

Polizeisprecher Marco Cortesi (62): «Nach dem Versand von Medienmitteilungen müssen wir nun Statistiken zu den Nationalitäten führen, um entsprechende Anfragen unmittelbar, aber auch im Nachhinein beantworten zu können.»
Foto: Blick Blick

Für die Polizei bedeutet die Praxisänderung also schlicht einen Mehraufwand. «Wir setzen die Entscheide der Politik neutral um», sagt Cortesi zurückhaltend dazu. Nur so viel: «Nach dem Versand von Medienmitteilungen müssen wir nun Statistiken zu den Nationalitäten führen, um entsprechende Anfragen unmittelbar, aber auch im Nachhinein beantworten zu können.»

SVP-Tuena: «Sinnloser Bürokratie-Leerlauf»

Der Stadtzürcher SVP-Präsident und Nationalrat Mauro Tuena (45) hat genau dies befürchtet. «Anstatt transparenter Information haben wir nun einen sinnlosen Bürokratie-Leerlauf», wettert er. Unter dem Strich wüssten die Leute trotzdem Bescheid, da viele Medien aktiv nachfragen. 

Die kantonale SVP-Initiative fordert deshalb eine Rückkehr zum alten Regime. Allerdings geht sie noch einen Schritt weiter: Auf Anfrage soll die Polizei neu auch den Migrationshintergrund bei Eingebürgerten angeben müssen.

Damit führt auch die SVP-Initiative zu einem höheren Aufwand für die Polizei. Tuena wiegelt aber ab: «Der Migrationshintergrund spielt vor allem bei schweren Verbrechen eine Rolle, so oft wird man das also nicht erfragen müssen.»

SP-Marti: «SVP macht bloss Wahlkampf»

Obwohl die Praxisänderung derzeit eine Mehrarbeit für die Polizei bedeutet, hält Wolffs Sicherheitsdepartement weiterhin daran fest. «Es ist zu früh, um Bilanz zu ziehen», sagt Sprecher Mathias Ninck (49).

Dieser Ansicht ist auch SP-Nationalrätin Min Li Marti (43). Sie gibt zu bedenken: «Ob das Interesse an der Nationalitätennennung langfristig so hoch bleibt, muss sich zeigen.»

Die neue Regelung erachtet sie als richtig. «Wolff hat damit hinterfragt, was wirklich relevant ist», so Marti. «Mit dem Fokus auf die Nationalität lenkt man von den wirklichen Ursachen für kriminelle Handlungen ab, wie beispielsweise fehlende Perspektiven oder Drogen- oder Alkoholprobleme, und man kann damit Kriminalität auch nicht richtig bekämpfen.»

Deshalb ist für die SP-Frau auch klar: «Die SVP macht mit ihrer Initiative bloss Wahlkampf.»

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