Stadt Zürich stimmt über umstrittene «City-Card» für Sans-Papiers ab
Ein Ausweis für Illegale?

In der Stadt Zürich sollen auch Sans-Papier eine ID bekommen. Die «Züri City-Card» ist allerdings nicht nur politisch, sondern auch rechtlich höchst umstritten. Nun entscheidet die Bevölkerung.
Publiziert: 19.04.2022 um 15:44 Uhr
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Der Zürcher Stadtrat – im Bild Präsidentin Corine Mauch hat sich für die «Züri City-Card» ausgesprochen.
Foto: zuericitycard.ch

Die Stadtzürcher Stimmbevölkerung entscheidet am 15. Mai über die Einführung einer «Züri City-Card – einer Art ID auch für Sans-Papiers. Die Befürworter aus dem linken Lager glauben, mit dieser Bürgerkarte Personen, die sich ohne geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz aufhalten, das Leben zu erleichtern.

Mit der «Züri City-Card» könnte eine Person nachweisen, dass sie in der Stadt Zürich wohnt. Damit soll es Sans-Papiers beispielsweise einfacher gemacht werden, einen eingeschriebenen Brief abzuholen, ihr Kind für die Kita anzumelden oder in der Bibliothek Bücher auszuleihen. In der Stadt Zürich leben rund 10'000 Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus.

Gegner halten Ausweis für illegal

Die Befürworter der «Züri City-Card» wünschen sich darüber hinaus, dass diese ID nicht nur von Sans-Papiers genutzt wird, sondern auch von Zürcherinnen und Zürchern mit Aufenthaltsbewilligung. Denn sonst ist ein Rückschluss auf den – fehlenden – Aufenthaltsstatus möglich – und die Karte brächte nichts.

Das bürgerliche Nein-Komitee hält die Karte für illegal: Ein lokaler Ausweis erwecke den Anschein einer rechtskonformen Aufenthaltssituation von Sans-Papiers. Asylrecht sei aber Bundessache. Nachdem das Stadtparlament 3,2 Millionen Franken für die Einführung der Karte bewilligt hatte, ergriffen die Bürgerlichen deshalb das Referendum.

Auch Bundesrat sehr skeptisch

Auch der Bundesrat hält nicht viel von der Idee: Im Februar 2021 hielt er in seiner Antwort auf eine Interpellation aus dem Nationalrat fest, dass eine solche «City-Card» rechtlich nicht verbindlich sei. Würde sie als Identitätsausweis akzeptiert, verstiesse dies gegen Bundesrecht.

Einen Dämpfer erhielt das Projekt auch bei der Debatte im Zürcher Stadtparlament im September 2021. Zwar hielt Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) fest, dass das Projekt keine ausländerrechtliche Zielsetzung habe und deswegen auch nicht zu einer ausländerrechtlichen Regulierung führe.

Die Hoffnungen der Befürworterinnen und Befürworter könnten trotzdem nur bedingt erfüllt werden: «Insbesondere wird es diese Karte nicht ermöglichen, dass sich Sans-Papiers gänzlich angstfrei in unserer Stadt bewegen können und dass sie einen verbesserten Zugang zu Recht und Justiz bekommen», sagte Mauch damals. Dennoch hielt eine Mehrheit des Stadtparlaments und der Stadtrat an der Idee der «City-Card» fest. Nun hat die Bevölkerung das letzte Wort. (SDA/lha)

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