Wer im öffentlichen Raum sexuell belästigt wird oder Übergriffe beobachtet, kann das ab sofort bei der Stadtzürcher Online-Plattform «Zürich schaut hin» melden. Die Belästigungen sollen so sichtbar werden.
«Viele Menschen, die Opfer von Belästigungen wurden, haben das Bedürfnis ihre Erfahrung mit anderen zu teilen», sagte die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP), als sie die neue Meldeplattform präsentierte.
Plattform ersetzt nicht Gang zur Polizei
Auf der Website www.zuerichschauthin.ch können Personen, die aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung belästigt wurden, die Vorfälle melden. Auch Personen, die solche Übergriffe beobachtet haben, können diese melden. Dabei wird erfasst, um welche Art von Vorfall es geht, etwa verbale Belästigung oder Exhibitionismus. Auch von wem die Belästigung ausging, sowie wo und wann sie passierte, wird abgefragt.
Die Meldungen sollen dabei helfen, die Datenlage zum Thema zu verbessern. Die Plattform ersetzt jedoch nicht den Gang zur Polizei. Die Plattform weist ausdrücklich darauf hin, sich allenfalls auch bei der Polizei zu melden und Anzeige zu erstatten. Zudem bietet sie Hinweise zu Beratungsangeboten.
In der Romandie gibt es eine ähnliche Meldestelle schon seit 2019. Die App «Eyes Up» war eine Idee der Grünen-Nationalrätin Léonore Porchet (31) aus Lausanne. Diverse Westschweizer Städte haben zudem schon Kampagnen gegen sexuelle Belästigung durchgeführt.
Drei von vier Homosexuellen wurden schon belästigt
Um das Ausmass der Belästigungen im öffentlichen Raum abschätzen zu können, hatte die Stadt bei einem Sozialforschungsinstitut eine Befragung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis war, dass drei von vier homo-, bi- oder pansexuellen Menschen angaben, in der Stadt Zürich im öffentlichen Raum schon einmal belästigt worden zu sein.
Bei Heterosexuellen war es jeder und jede zweite. Besonders häufig von sexueller Belästigung berichteten junge Frauen. An der Befragung haben rund 1600 Personen teilgenommen.
Selbstverteidigungskurse geplant
Die Meldestelle ist nicht das einzige Projekt, das in Zürich zur Bekämpfung von sexueller Belästigung und Übergriffen geplant ist. Bis Ende 2022 sind laut Mauch weitere Massnahmen geplant, etwa Plakate und Beiträge im öffentlichen sowie virtuellen Raum, die auf das Thema aufmerksam machen sollen. Ein Ziel ist auch, die Zivilcourage zu fördern, damit mehr Menschen einschreiten, wenn andere belästigt werden. Für Betroffene und andere Interessierte sollen zudem auch Selbstverteidigungskurse angeboten werden. (SDA/lha)