SRG-Chef Cina verteidigt Standortentscheid
«Die Anzahl Bürostühle in Bern ist nicht entscheidend»

Es sei die beste Lösung für den deutschsprachigen Raum, sagt SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina zum Entscheid, dass ein Teil der Berner Radioredaktion nach Zürich zieht. Man spare nicht bei den Kosten, sondern bei den Infrastrukturen.
Publiziert: 19.09.2018 um 21:52 Uhr
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Aktualisiert: 14.10.2018 um 21:05 Uhr
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Der Verwaltungsrat der SRG hat entschieden, dass die Informationssendungen von Radio SRF künftig in Zürich statt in Bern produziert werden.
Foto: Keystone
Andrea Willimann

BLICK: Herr Cina, Sie und Ihr Direktor Gilles Marchand stammen aus der Westschweiz. Sind Ihnen beiden Zürich und Bern daher Hans was Heiri?
Jean-Michel Cina: Als Oberwalliser stand ich mit meinen Verwaltungsratskollegen vor der Aufgabe, nicht einen einfachen Standortentscheid zu fällen, sondern die Standortfrage aus einer Gesamtsicht heraus zu beurteilen. Wir mussten eine Antwort auf die Frage finden, was das Beste und Gescheiteste für das Unternehmen SRG und seine Nutzerinnen und Nutzer ist. Da heute Online, TV und Radio immer näher zusammenrücken, drängt sich auch eine örtliche Zusammenlegung der Produktion dieser Inhalte auf. Und dafür eignet sich der Standort Zürich aus verschiedenen Überlegungen am besten.

Aus welchen Gründen konkret?
Der Entscheid, einen Teil des Radiostudios von Bern nach Zürich-Oerlikon zu verlegen, macht für die Radioproduktion der Zukunft grossen Sinn. In Zürich entsteht derzeit ein Campus für die sogenannte trimediale Produktion, also für Radio-, Online- und Fernsehproduktion. Einen zweiten Campus in Bern aufzubauen, macht weder publizistisch noch ökonomisch Sinn –zumal die SRG auch 100 Millionen sparen muss.

Die Zentralisierung grosser Teile der SRG-Informationsabteilung in Zürich ist also einfach die billigste Variante?
Nein, es ist die beste Variante für den ganzen deutschsprachigen Raum.

Ist es auch die staatspolitisch und journalistisch beste?
Wir sind überzeugt, dass unser Entscheid auch publizistisch richtig ist. Die SRG hat in Bern mit 550 Mitarbeitern, davon mehr als 150 Journalisten, weiterhin den zweitgrössten Standort in der Schweiz. Das Radiostudio bleibt schliesslich bestehen, die Inlandredaktion, das Studio Bundeshaus, Swissinfo und das Regionalstudio Bern Freiburg Wallis bleiben, und es wird ein eigentliches Kompetenzzentrum für die politische und nationale Berichterstattung aufgebaut. Wir sparen nicht bei den Inhalten, sondern bei den Infrastrukturen, den Verwaltungskosten und den Produktionsprozessen. 

Bei der No-Billag-Abstimmung bekräftigte das Stimmvolk, dass es die breite regionale Verankerung der SRG und verschiedene unabhängige Kanäle schätzt. Wird dieser Volkswille erfüllt?
Absolut. Für die Qualität unserer Sendungen ist nicht entscheidend, wie viele Bürostühle in Bern oder Zürich stehen. Unseren Auftrag, Meinungsvielfalt und die Berücksichtigung aller Landesregionen und Landessprachen zu garantieren, bleibt für die SRG weiterhin absolut zentral.

Etwa 170 Personen sind vom Standortentscheid betroffen. Nicht alle werden in Zürich arbeiten wollen. Riskieren Sie einen grossen Verlust guter Mitarbeiter?
Natürlich sind Menschen betroffen. Mitarbeiter, die in Bern hervorragende Leistungen erbringen und die wir hoffentlich halten können. Aus früheren Standortverschiebungen wissen wir, dass die Personalfluktuation jeweils eher gering gehalten werden kann. Wir hoffen, dass wir im Dialog mit den Mitarbeitern nun gute Lösungen finden. Zudem darf man nicht vergessen, dass von SRF rund ebenso viele Mitarbeitende der Kulturredaktion von Zürich nach Basel wechseln wie ab 2020 von Bern nach Zürich. 

Wie viel bringen diese Veränderungen effektiv?
Der Sparbeitrag durch die Massnahmen in Bern beträgt wiederkehrend jährlich fünf Millionen Franken.

Ist der Entscheid auch ein Signal, dass man sich die Unternehmensstrategie nicht von den Parteien diktieren lassen will?
Die SRG agiert in einem politischen Umfeld. Aber unsere grösste Herausforderung ist, das Medienhaus nachhaltig in die Zukunft zu führen. Das bedingt Neuerungen, weil sich das Mediennutzungsverhalten laufend verändert. Der Erfolg der SRG wird in Zukunft daran gemessen, ob sie Sendungen in hoher Qualität bietet und ihren Service-public-Auftrag mit einem wirtschaftlich effizienten Einsatz von Gebührengeldern erfüllt. Die Inhalte und die Meinungsvielfalt werden entscheidend bleiben.

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