Am 15. Juni hält die Einwohnergemeinde Sigriswil in Schwanden BE die Gemeindeversammlung ab. Der interessanteste Aspekt des Anlasses dürfte die Affäre um Madeleine Amstutz (41) sein. Der Gemeindepräsidentin und Chefin der Berner SVP-Grossratsfraktion wird vorgeworfen, beim Erstellen der Spesenrechnungen besonders fleissig gewesen zu sein.
Obwohl gemäss Geschäftsprüfungskommission (GPK) der Oberländer Gemeinde Anlässe und Sitzungen, an denen Amstutz qua Amt teilnahm, bereits mit der festen Entschädigung abgegolten seien, stellte die Gemeindepräsidentin just diese in Rechnung.
Niemand kontrollierte die Rechnungen
BLICK-Recherchen zufolge geht es um knapp 10'000 Franken, die sie über die Jahre zu viel bezogen haben soll. Etwa für einen Besuch am Lauberhorn-Rennen, zu dem sie eingeladen war. Oder die Teilnahme an Beerdigungen.
Peinlich daran: Die Gemeinderatsspitze hätte sie stoppen müssen. Aber die Spesenblätter 2015 bis 2018 wurden von den Gemeinderatspräsidenten nicht kontrolliert und unterschrieben. Auf Anfrage sagte der parteilose Gemeinderatspräsident Beat Oppliger am Freitag, tatsächlich habe das Controlling bis 2019 nicht funktioniert. Er nehme einen Teil der Schuld auf sich.
Der Sigriswiler Gemeinderat habe an seiner letzten Sitzung die Empfehlungen der GPK zum Umgang mit Spesen genehmigt. Diese Empfehlungen würden nun rigoros umgesetzt. Seit 2019 gehe alles mit rechten Dingen zu.
Amstutz prüft Strafanzeige
Auf die Frage, wie es weitergehe, sagte Oppliger, es handle sich um ein laufendes Verfahren. Es gelte abzuwarten, was Amstutz tue. Diese sagte am Freitag der Nachrichtenagentur SDA auf Anfrage, sie weise die Vorwürfe «entschieden zurück». Sie werde nächste Woche beim Regierungsstatthalteramt Beschwerde einreichen und prüfe eine Strafanzeige wegen Rufschädigung.
Sie finde es gut, dass in Sigriswil in Sachen Spesen künftig nach dem Vieraugenprinzip vorgegangen werde und die Spesenabrechnungen visiert würden. «Leider hat dies in den letzten Jahren niemand so gehandhabt und dadurch sind nun diese Diskussionen entstanden.» Auf sämtliche Kilometerentschädigungen habe sie verzichtet.
Umstritten ist aus Amstutz' Sicht ein Betrag von rund 3200 Franken, was – über die letzten fünf Jahre hinweg gesehen – knapp 650 Franken pro Jahr ausmache. Sie sehe keinen Grund, eines ihrer Ämter abzugeben. Gegen sie laufe vielmehr eine Diffamierungskampagne. Der Regierungsstatthalter werde nun die Lage klären müssen. (SDA/sf)