Ueli Maurer verteidigte im BLICK-Interview Offshore-Konstrukte, mit denen Reiche ihre Steuern reduzieren. Darf ein Finanzminister das tun?
Christian Levrat: Diese Aussagen sind inakzeptabel. Herr Maurers Aufgabe ist es Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verhindern, und nicht das Hohelied der Steuerkriminalität zu singen. Offenbar müssen wir ihn daran erinnern: Herr Maurer, Sie sind Finanzminister für alle Schweizer. Sie sind nicht nur für die reichsten zehn Prozent da.
Offshore-Konten sind ja legal. Muss der Finanzminister verteufeln, was erlaubt ist?
In über 90 Prozent der Fälle dienen Offshore-Konten illegalen Aktivitäten. Wenn Supperreiche durch solche Konstrukte Milliarden vor den Steuerbehörden verstecken können, zahlen wir alle die Rechnung dafür. Und die Steuermoral leidet.
Maurers Argument ist, dass die Reichen sowieso schon mehr Steuern zahlen müssen. Der Staat profitiert unter dem Strich.
Das ist schwach. Natürlich zahlen Reiche mehr Steuern, sie verdienen auch mehr. So wollen es unsere Gesetze. Wenn Herr Maurer damit nicht einverstanden ist, soll er eine Vorlage zur Entlastung der Reichen ausarbeiten. Dann können wir darüber streiten. Aber dass unser Finanzminister Steuerbetrug via Offshore-Konten einfach bagatellisiert, ist eine Frechheit und schädlich für die Schweiz. Und es ist eine Ohrfeige für alle einfachen und ehrlichen Steuerzahler. Sie sind die Lackierten.
Ist Maurer als Finanzminister noch tragbar?
Er muss sich entscheiden. Entweder er macht seinen Job und sorgt für die Einhaltung der Steuergesetze. Oder er gibt das Dossier Steuerbetrugsbekämpfung ans Justizdepartement von Simonetta Sommaruga ab.
Wie beurteilen Sie die «Panama-Papers»-Enthüllungen?
Das Ausmass des Missbrauchs ist erschreckend. Die Dokumente zeigen, dass in der Schweiz eine eigentliche Steuerhinterziehungs-Industrie existiert. Nächste Woche beraten wir in Bern ein Gesetz, das die Aufsicht über Finanzdienstleister verstärken will. Der Widerstand von rechts ist gross. Dank den «Panama Papers» verstehen wir, warum.