Am Donnerstag gibt der Bund die Krankenkassenprämien für 2016 bekannt. Die Aufschläge sind hoch. Der Internetvergleichsdienst Comparis rechnet mit einem durchschnittlichen Anstieg von vier Prozent. Dieser Wert dürfte sogar übertroffen werden, wie gut informierte Quellen gegenüber SonntagsBlick erklären.
Damit steigen die Prämien wieder stärker als bisher. 2014 betrug der Anstieg 2,2 Prozent, in diesem Jahr waren es 4,0 Prozent.
Wer etwa bei Assura versichert ist, wird massiv mehr bezahlen. Kinderprämien wollte der Versicherer teils um bis zu 25 Prozent erhöhen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) pfiff Assura jedoch zurück, wie SonntagsBlick-Recherchen zeigen. Dennoch wird der Anstieg teils happig.
Die Belastung für den Mittelstand nimmt zu
Nun hat die SP genug. «Insbesondere der untere Mittelstand, der nicht von einer Prämienverbilligung profitiert, muss Jahr für Jahr einen immer grösseren Teil des Einkommens für die Krankenkassenprämien aufwenden», sagt der Freiburger SP-Nationalrat Jean-François Steiert (54). Die Folge: Vor allem Familien geraten in finanzielle Schwierigkeiten.
Deshalb plant Steiert zusammen mit SP-Gesundheitspolitikern und weiteren Unterstützern wie der grünliberalen St. Galler Nationalrätin Margrit Kessler (66) eine Volksinitiative. Die Idee: Krankenkassenprämien dürfen zehn Prozent des steuerbaren Einkommens nicht übersteigen. Familien oder Einzelpersonen, die heute mehr bezahlen, müssen ein Anrecht auf staatliche Prämienverbilligung erhalten.
Betroffen wären viele. Vor allem in «Prämienhöllen» wie Bern. Eine Familie mit zwei Kindern zahlt dort 2016 im Schnitt knapp 13 000 Franken. Bei einem steuerbaren Einkommen von 70 000 Franken bedeutet dies: Satte 18 Prozent des Geldes der Familie geht für die Krankenkassenbeiträge weg. Gemäss SP-Initiativplan müsste eine solche Familie nur noch 7000 Franken zahlen, rund 6000 Franken übernähme die Allgemeinheit.
Im Aargau, wo die Prämien tiefer liegen, würde eine untere Mittelstandsfamilie mit einem steuerbaren Einkommen von 70 000 Franken durch die SP-Initiative gut 4500 Franken einsparen; in Zürich wären es fast 5000 Franken. Am stärksten drückt die Prämienlast untere Mittelstandsfamilien in Genf. Dort zahlt eine vierköpfige Familie im Schnitt rund 15000 Franken – bei einem Einkommen von 70 000 Franken sind dies satte 22 Prozent.
Kosten von 800 Millionen
Die Zeche für den Initiativplan zur Entlastung unterer Mittelstandsfamilien müssten die Steuerpflichtigen zahlen. Laut SP-Berechnungen würde die Initiative jährlich rund 800 Millionen Franken kosten.
Vor einem Jahr scheiterte die SP mit ihrer Einheitskrankenkasse. Wieso kommen Sie jetzt schon mit dem nächsten Initiativplan?
Jean-François Steiert: Es geht hier nicht um die Organisation der Kassen, sondern um die Prämien. Die wachsende Last drückt massiv auf Familien mit mittleren Einkommen und teilweise auch auf Rentner. Hier braucht es Entlastung statt rechtsbürgerlicher Vorschläge, alle Patienten im Land mit mehreren Tausend Franken pro Jahr zusätzlich zu bestrafen.
Warum kämpfen Sie nicht dafür, dass die Prämien nicht weiter steigen, statt die Prämienlast von Arm zu Reich umzuverteilen?
Ich setze mich wie auch Kolleginnen anderer Parteien dafür ein, zum Beispiel bei den Medikamentenpreisen oder bei der Vermeidung unnötiger Leistungen. Solange aber die Gesundheitslobbys im Bundeshaus ungestört Druck gegen Effizienz machen können, schaut sehr wenig dabei heraus. Was die Umverteilung betrifft: Der Mittelstand ist heute mit den Krankenkassenprämien mehr belastet als in jedem anderen europäischen Land. Da braucht es einfach eine bessere Verteilung.
Wann lanciert die SP die neue Prämien-Initiative?
Wir werden in den nächsten Monaten erste Weichen stellen. Dazu stehen wir schon mit Patienten- und Konsumentinnenorganisationen sowie Vertretern verschiedener Parteien in Diskussionen. Es geht um mehrere Projekte für ein effizienteres Gesundheitssystem.