SP-Nationalrat Pardini stänkert gegen Jositsch & Co.
Zoff unter Genossen eskaliert

SP-Nationalrat Corrado Pardini beschimpft in einem offenen Brief an alle Genossen den sozialliberalen Flügel der Partei. Und er stellt dafür Forderungen wie internetfreie Zeit und Arbeitslosen-Vorrang.
Publiziert: 28.11.2016 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 11:00 Uhr
Der Berner SP-Nationalrat Corrado Pardini greift die SP-Sitze und den sozialliberalen Flügel um Pascale Bruderer an.
Foto: Daniel Rihs
Sermîn Faki

Bei den Genossen brodelt es. Am Wochenende berät der SP-Parteitag über ein Wirtschaftsprogramm, das die SP-internen Flügelkämpfe schonungslos offenlegt. Die «Demokratisierung der Wirtschaft» geht den sozialliberalen Kräften um die Ständeräte Pascale Bruderer (AG), Daniel Jositsch (ZH) und Hans Stöckli (BE) zu weit. Sie wollen das Paket an die SP-Rennleitung zurückschicken und werden dabei von verschiedenen Regierungsräten unterstützt. 

SP-Ständerat Daniel Jositsch (ZH).
Foto: Mirko Ries

Nun öffnet sich noch eine zusätzliche Flanke im SP-Kampf. Der Berner Nationalrat Corrado Pardini hat einen offenen Brief an die Parteimitglieder geschrieben, der BLICK vorliegt. Und der hat es in sich: Pardini beschimpft darin den sozialliberalen Flügel aufs Schärfste. 

«Keine sozialliberale SP»

«Diese Leute biedern sich bei den Aktionären an und helfen den Bürgerlichen, die öffentliche Hand arm zu sparen, die Unternehmenssteuern gegen null zu senken, und sie wollen sogar bei der AHV Abstriche mittragen. Sie fürchten sich vor Ausländern, und um sie herum wird die Schweiz eng, national und reaktionär», schreibt er. Um ihre Ständeratssitze zu verteidigen, würden die Sozialliberalen eine neoliberale Politik vertreten, die «mit Karacho in den Stillstand und die soziale Eiszeit» führe.

Pardini warnt: «Gewinnen sie in der Partei, würde dies das Ende der SP bedeuten. Kein Mensch braucht eine sozialliberale SP, die um ein paar Brosamen vom reich gedeckten Tisch bettelt.»

SP Präsident Christian Levrat (46).
Foto: Peter Gerber

Doch Pardini greift auch die SP-Leitung um Präsident Christian Levrat an. Das Wirtschaftsprogramm sei zwar mittelfristig ein gutes Ziel. Doch das sei viel zu wenig: «Wir brauchen Handfesteres. Sofort», fordert der Gewerkschaftsfunktionär und präsentiert einen radikalen Forderungskatalog: Neben dem Kündigungsschutz für alle über 50-Jährigen, über den der «SonntagsBlick» berichtete, fordert er eine Volksinitiative, die den Schutz der Arbeitenden zum obersten Ziel der Politik macht.

Internetfreie Zeit

Und damit nicht genug: Statt eines Inländervorrangs, wie ihn die Politik derzeit diskutiert, fordert er einen Arbeitslosen-Vorrang bei Anstellungen. Lohngleichheit und Schweizer Löhne für Arbeit in der Schweiz müssten mit scharfen Kontrollen und Sanktionen durchgesetzt werden. Subunternehmerketten über mehr als zwei Firmen will Pardini verbieten. Die Wochenarbeitszeit soll auf 40 Stunden beschränkt werden.

Zwischen 19 und 7 Uhr müsse eine internetfreie Zeit eingeführt werden, damit Mitarbeiter vor einer 24-Stunden-Verfügbarkeit durch die Chefs geschützt sind. Ausserdem will er die Mitwirkungsrechte von Arbeitnehmern massiv ausbauen. So sollen diese bei Massenentlassungen zwingend konsultiert werden, volle Einsicht in die Bücher und in die Entscheidungen des Verwaltungsrats bekommen.

«Die Schweiz braucht mehr SP», findet Pardini. «Aber die richtige.» Mit diesem deutlichen Positionsbezug ist die SP-interne Debatte um eine Facette reicher. Eine Facette, die am Wochenende zu reden geben wird – und die SP darüber hinaus beschäftigen dürfte. 

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