Mehr als 30'000 Ausländer lassen sich jedes Jahr in der Schweiz einbürgern. Geht es nach SP-Nationalrat Cédric Wermuth (30), sollen es bald noch viel mehr sein.
Mit einem Seitenhieb gegen seine politischen Gegner ruft Wermuth zur «Masseneinbürgerung» auf. Erst in der TV-«Arena», und nun auch auf Facebook, wendet er sich an alle Ausländer mit B-Ausweis: «Lasst euch jetzt einbürgern!» Nach dem 1. Januar 2018 werde dies nicht mehr möglich sein.
An diesem Tag tritt das neue Bürgerrechtsgesetz in Kraft, das neben standardisierten auch deutlich schärfere Einbürgerungsbedingungen vorsieht. So reicht eine Aufenthaltsbewilligung künftig nicht mehr, um den roten Pass zu beantragen. Ab 2018 braucht es dafür eine Niederlassungsbewilligung, den C-Ausweis.
Für Ausländer mit B-Ausweis bedeutet das: Wer den Schweizer Pass will, muss sich sputen. Laut Schätzungen der Eidgenössischen Migrationskommission hat die Änderung zur Folge, dass rund 50000 Personen ab 2018 die Einbürgerungskriterien nicht mehr erfüllen.
Für Wermuth ist dies ein Unding. Er sieht seinen Aufruf als Dienst an der Demokratie: «Es kann nicht sein, dass wir ein Viertel der Bevölkerung in fundamentalen Bereichen ausschliessen.» Ein roter Pass bedeute nicht nur politische Mitbestimmung, sondern auch Schutz, beispielsweise vor Ausschaffung. «Gerade in unsicheren Zeiten wie heute hat das einen enormen Wert.»
Breite Kampagne
Sein Appell sei erst der Anfang, sagt Wermuth. Über ein Dutzend Personen hätten sich bereits gemeldet und um Unterstützung bei der Einbürgerung gebeten. In den kommenden Monaten plane die Partei nun eine breite Kampagne zum Thema, um möglichst viele Ausländer von den Vorzügen des roten Passes zu überzeugen.
«Wir sehen es als unsere staatspolitische Verantwortung, die Integration zu fördern», sagt der Sozialdemokrat. Eine Resolution der SP MigrantInnen, die dasselbe Ziel hat, haben die Delegierten der Partei gestern einstimmig verabschiedet.
Die Befürworter des neuen Gesetzes hingegen halten wenig von der SP-Aktion. SVP-Nationalrat Heinz Brand (61, GR): «Es spricht gerade für die Einbürgerungsreife einer Person, wenn sie selbst fähig und in der Lage ist, ein Gesuch zu stellen.» Brands Parteikollegin Yvette Estermann, die sich selbst vor über 20 Jahren einbürgern liess, fügt an, dass viele Ausländer gar kein Interesse am roten Pass hätten.
Auch bei vielen Zuschauern der SRF-Politsendung «Arena» kam Wermuths Engagement schlecht an. Sein Aufruf habe aussergewöhnlich emotionale Reaktionen ausgelöst, sagt «Arena»-Moderator Jonas Projer. «Wir mussten auf unserer Facebook-Seite viele vulgäre und beleidigende Kommentare löschen.»
Der Schweizer Pass ist bei Ausländern wenig gefragt. Nur jeder Zwanzigste, der die Bedingungen für eine Einbürgerung erfüllt, stellt auch ein Gesuch. Seit zehn Jahren ist die Einbürgerungsquote leicht rückläufig. Einen wahren Einbürgerungsboom erlebte die Schweiz hingegen nach der letzten Bürgerrechtsrevision 1992: Innert zehn Jahren verdreifachte sich die Zahl der Einbürgerungen. Ein Grund dafür war die Einführung der Doppelbürgerschaft.
Der Schweizer Pass ist bei Ausländern wenig gefragt. Nur jeder Zwanzigste, der die Bedingungen für eine Einbürgerung erfüllt, stellt auch ein Gesuch. Seit zehn Jahren ist die Einbürgerungsquote leicht rückläufig. Einen wahren Einbürgerungsboom erlebte die Schweiz hingegen nach der letzten Bürgerrechtsrevision 1992: Innert zehn Jahren verdreifachte sich die Zahl der Einbürgerungen. Ein Grund dafür war die Einführung der Doppelbürgerschaft.