Er spielte mit dem Gedanken, Ende 2016 nach fast neun Jahren als SP-Präsident abzudanken. Nun macht Christian Levrat (45) bis nach den Wahlen 2019 weiter. Und mit ihm seine Führungscrew.
Die drei grossen bürgerlichen Parteien wechselten in den letzten Wochen ihr Spitzenpersonal allesamt aus; die SP setzt auf Stabilität. Wegen dem Rechtsrutsch, wie der Ständerat begründete. Weil die Rechte im Parlament ihr Programm «gnadenlos» durchdrücke und den «Sozialstaat zu zerschlagen» versuche. Dies sei sein Antrieb, weiterzumachen; dagegen wolle sich das Energiebündel mit ganzer Kraft stemmen.
Levrat bleibt also SP-Präsident, weil er bei den Wahlen im Herbst in dieser Funktion grandios scheiterte: Seine SP konnte den Wähleranteil nicht ausbauen, der Nationalrat rutschte nach rechts und die SVP holte sich den zweiten Bundesratssitz. Alles diametral entgegen dem Plan der Sozialdemokraten.
Der Freiburger malt nun den Teufel an die Wand. Die SVP werde den Mitteparteien ihre Politik aufdrücken, werde tonangebend sein. Deshalb, so seine Analyse, könne die SP im Parlament in dieser Legislatur nichts herausholen. Und müsse folglich trotz zwei Bundesräten Oppositionspolitik betreiben. Um das «rechte Machtkartell» zu bekämpfen.
Zugegeben: viele Entscheide der letzten Wochen entsprechen nicht dem Gusto der SP. Dennoch setzt der passionierte Schachspieler seine Partei im Parlament unnötigerweise schachmatt. Weil die SP in der letzten Legislatur bewiesen hat, wie erfolgreich sie Allianzen schmieden kann. In einem schon damals klar bürgerlichen Parlament stand die SVP gleich oft auf der Verliererseite wie die SP, wie eine Studie von Michael Hermann zeigte.
Auch weil die CVP politisch genauso weit von der SVP entfernt ist wie von der SP. Die Wahlen im Herbst ändern daran nichts. Die Mitteparteien, nicht die SVP, werden in dieser Legislatur den parlamentarischen Ton angeben – und je nach Geschäft mal mit SP, mal mit SVP stimmen. Doch Levrat gibt den Allianzpartnern in der Mitte mit der Oppositions-Ankündigung den Schuh.
Was Levrat zudem unterschlägt: Im Ständerat sind die Kräfteverhältnisse mitnichten nach rechts gerutscht. Dort kann die SP zusammen mit der CVP entscheidend Gegensteuer geben.
Doch offensichtlich verspürt Levrat dazu wenig Lust – und will stattdessen voll auf die Karte Volk setzen. So wie das die SVP in den letzten Jahren mit unzähligen Initiativen und Referenden getan hat. «Ich habe Lust auf Opposition. Die Auseinandersetzungen werden für die Schweiz heilend sein», sagte der ehemalige Gewerkschafter.
Er fährt eine riskante Strategie. Gelegentlich müssen Oppositionsparteien Siege an der Urne erkämpfen. Ob die SP das Volk, das sich ein rechteres Parlament wünschte, etwa beim angekündigten Referendum zur Unternehmenssteuerreform III überzeugen kann, ist fraglich. Scheitert Levrat hier, könnte dies sein letzter Schachzug gewesen sein.