Sozialdemokraten gehen in die Offensive
Linke trommeln für Rahmenabkommen mit EU

Die neue Gruppe «Liens Europe» wehrt sich dafür, dass ein neuer Vertrag mit der EU zustande kommt.
Publiziert: 01.09.2018 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:46 Uhr
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«Wir brauchen die EU.» SP-Nationalrat Fabian Molina.
Foto: Keystone
Marcel Odermatt

Am Samstag führte die SP-Fraktion eine lange Aussprache über das Verhältnis Schweiz-Europa. Wie soll es weitergehen in den Beziehungen mit der Europäischen Union?

Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner (66) erklärte seinen National- und Ständeratskollegen noch einmal ausführlich, weshalb er die Gespräche mit dem Bundesrat sistiert habe und warum die Syndikate nicht bereit seien, beim Lohnschutz irgendwelche Konzessionen zu machen.

Die Linke will keine Verhinderin sein

Mit dieser Position wird auch das geplante Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU in Frage gestellt, wenn nicht verunmöglicht. Die SP, die den Beitritt der Schweiz zur EU fordert, als Bremser und Verhinderer einer näheren Anbindung des Landes an Europa? Eine Linke, die zum Schluss gar zusammen mit der SVP das Rahmenabkommen verhindert?

Ganz wohl mit dieser Position ist es vielen Sozialdemokraten nicht: Am Samstag gründeten führende Genossen die Gruppe «Liens Europe» (Verbindung Europa). Unter dem Titel «Sozialdemokrat*innen für ein Rahmenabkommen Schweiz-EU» setzen sie sich für einen neuen Vertrag mit der Union ein.

Von Molina über Nussbaumer bis Jositsch

«Soziale Gerechtigkeit für alle lässt sich in einer globalen Wirtschaft nicht in einem Land erkämpfen», schreiben unter anderem die Nationalräte Fabian Molina (28, ZH), Eric Nussbaumer (58, BL) und Martin Naef (47, ZH) sowie Ständerat Daniel Jositsch (53, ZH). Und weiter im Text: «Nur ein vereinigtes Europa ist für die Herausforderungen der Welt gerüstet. Deshalb brauchen wir die EU.»

Einen offenen Konflikt mit den gewerkschaftsnahen SP-Exponenten versuchen die Verfasser des Aufrufs trotzdem zu vermeiden. Auch sie kritisieren, dass die ­Verhandlungen missbraucht würden, um den Schweizer Lohnschutz zu schwächen.

Ob dieses Lamento reichen wird, die neue linke Bruchlinie in der ­Europapolitik langfristig zuzuschütten? Klar ist: Es dürfte jenen Kräften Auftrieb geben, die sagen, dass man es beim Rahmenabkommen darauf ankommen lassen soll. Ein ausgehandelter Deal – selbst wenn er Konzessionen beim ­Arbeitnehmerschutz beinhalten würde – könne dem Volk vorgelegt werden.

Verhilft man der SVP zum Sieg?

Die Linke steckt in einer Zwickmühle. Was ist ihr lieber: Ein vielleicht suboptimales Rahmenabkommen oder der Bruch mit Europa und damit der SVP zum grössten Sieg seit dem EWR-Nein von 1992 verhelfen? In Bundesbern gibt es nicht wenige, die sicher sind, dass viele SP-Sympathisanten am Schluss für ein Rahmenabkommen stimmen würden und für eine verstärkte Anbindung an die EU.

Die Parteileitung der SP versuchte gestern, die neue Gruppe zu ignorieren. Fraktionschef Roger Nordmann (45, VD) war für keine Stellungnahme erreichbar. Die Nervosität steigt.

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