Sommaruga kämpft im Nationalrat für Frauenquote
«Männer wählen Männer – das ist menschlich»

Der Nationalrat debattiert heute über die Revision des Aktienrechts. Das Gesetzespaket ist dick: Es geht unter anderem um die Frauenquote und die Konzernverantwortungs-Initiative.
Publiziert: 14.06.2018 um 11:36 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:10 Uhr
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«Männer wählen Männer. Das ist menschlich - oder männlich», sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP).
Foto: Keystone

Nach der Mitternachts-Sitzung am Montag steht heute die nächste Monster-Debatte auf der Traktandenliste des Nationalrats. Die Grosse Kammer diskutiert den ganzen Tag über die Aktienrechts-Revision. Dabei geht es unter anderem auch um einen Gegenvorschlag für die Konzernverantwortungs-Initiative, die Umsetzung der Abzocker-Initiative und die Frauenquote in den Führungsspitzen grosser börsenkotierter Unternehmen.

Das eigentlich ziemlich trockene Thema hat bereits für grosse Gefühlsausbrüche gesorgt: In einer Kommissionssitzung kam es zum Eklat um SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (BLICK berichtete). Nach einem wüsten Streit lief er mit Tränen in den Augen aus dem Sitzungszimmer.

Die Wogen haben sich inzwischen wieder etwas gelegt. Die SVP kämpfte im ersten Teil der Debatte im Rat dafür, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Das lehnte eine Mehrheit der Kammer ab. 

FDP gegen die Reform

Das Ziel sei es, attraktive und zeitgemässe Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen, sagte Kommissionssprecherin Christa Markwalder (FDP/BE). Zu den Leitmotiven der Reform gehörten die einfachere Gründung von Kapitalgesellschaften, die Flexibilisierung der Strukturen und die Stärkung der Aktionärsrechte.

Gegen die Reform stellten sich die SVP und die Mehrheit der FDP-Fraktion. Die Vorlage sei überladen, befand Claudio Zanetti (SVP/ZH). Die Frauenquote sei entwürdigend für Frauen. «Es ist wie im Völkerball, wenn jene, die immer zuletzt gewählt werden, plötzlich neue Regeln verlangen.» Auch die Bestimmungen zur Konzernverantwortung sind der SVP ein Dorn im Auge. Diese machten Schweizer Unternehmen angreif- und erpressbar, hiess es.

CVP-Nationalrätin trägt Gedicht vor

Die FDP-Fraktion ist gespalten. Die Mehrheit unterstützte den Rückweisungsantrag. Für die FDP seien Geschlechterrichtwerte eine untaugliche Massnahme zur Förderung der Frauen, stellte Giovanni Merlini (FDP/TI) fest.

CVP-Sprecher Karl Vogler (OW) dagegen befand, die Vorlage sei klar im Interesse der Wirtschaft. Damit werde das Schweizer Aktienrecht wieder auf der Höhe der Zeit sein. Der Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative halte fest, was für viele Unternehmen bereits selbstverständlich sei.

Andrea Gmür (CVP/LU) trug ihr Votum in Reimen vor, was ihr Applaus einbrachte. «Für rote Köpfe und fast Tote sorgt die Frauenquote», begann sie. «Doch gehts nicht mal um Frauenquoten, vergessen Sie den Kopf, den roten. Ich erlaub' mir einen Tipp: Dagegen sein nur aus Prinzip, das wär' ein Zeichen leichter Blösse.» Das Gedicht endete mit der Zeile: «Die CVP unterstützt alles, was uns Frauen nützt.»

SP wünschte sich «mutigere Umsetzung» 

Die SP bewertet die Vorlage insgesamt positiv, wie Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) sagte. Bei der Umsetzung der Abzockerinitiative hätte sich die SP eine mutigere Umsetzung gewünscht. Wichtig seien der SP die Bestimmungen zur Konzernverantwortung und die Geschlechterrichtwerte. 

Dabei handle es sich um einen klitzekleinen Schritt, sagte Leutenegger Oberholzer. Sanktionen für Unternehmen, welche die Richtwerte nicht erfüllten, seien nicht vorgesehen. Sie verstehe nicht, dass man das ablehnen könne. Auch die Grünen sehen die Bestimmungen zur Konzernverantwortung und die Geschlechterrichtwerte als Minimum. Die Reform sei zaghaft, aber immerhin stimme die Stossrichtung, sagte Sibel Arslan (Grüne/BS). 

«Männer wählen Männer»

Justizministerin Simonetta Sommaruga erinnerte zum Ende der Eintretensdebatte an den Verfassungsauftrag zur Gleichstellung. Heute seien in den Verwaltungsräten der grössten Unternehmen 81 Prozent Männer, in den Geschäftsleitungen 93 Prozent. Das sei nicht überraschend, stellte Sommaruga fest. «Männer wählen Männer. Das ist menschlich - oder männlich.»

Der Bundesrat schlage jedoch keine Quotenregelung vor. Kein Unternehmen müsse wegen der Richtwerte eine Frau wählen, keine Frau müsse Angst haben, dass sie als Quotenfrau gewählt werde. Der Bundesrat wolle einzig, dass die Unternehmen Transparenz herstellten. Sommaruga hob auch die übrigen Punkte der Reform hervor. Es handle sich um eine Vorlage, die das Parlament gewünscht habe und die den Wirtschaftsstandort stärke. (SDA)

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