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Solange die Börsen nicht gleichwertig sind
Die EU-Ostmilliarde bleibt blockiert

Geld gibt es nur, wenn die Schweiz nicht weiter schikaniert wird. Das Parlament will die Ostmilliarde an die EU nur bezahlen, wenn im Gegenzug die Schweizer Börse wieder als gleichwertig akzeptiert wird.
Publiziert: 03.12.2019 um 11:15 Uhr
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Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan: «Wir müssen das EU-Dossier mit neuem Elan und Mut angehen.»
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Ruedi Studer

Die SVP hatte vor den Wahlen die Alarmglocken geläutet: Der Entscheid über die EU-Ostmilliarde werde bloss verschoben, um nach den Wahlen die Gelder doch noch ungestört zu sprechen.

Geholfen hat der SVP der Alarmruf nichts: Bei den Wahlen verlor sie fast 4 Prozent Wähleranteil. Und recht hat sie auch nicht: Die Kohäsionsmilliarde bleibt blockiert, solange die EU die Schweiz diskriminiert. Und das ist der Fall, solange die Schweizer Börse von der EU nicht als gleichwertig anerkannt wird. Diese Verknüpfung hat der Nationalrat heute nochmals bestätigt.

Macht die EU unter ihrer neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (61) aber einen Schritt auf die Schweiz zu und die Börsen-Schikane rückgängig, ist der Weg für die Gelder frei. «Der Ball liegt nun wieder im Feld der Europäischen Union», betonte FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (58).

Es geht um 1,3 Milliarden Franken

Immerhin geht es dabei um rund 1,3 Milliarden Franken in den nächsten zehn Jahren. Der Grossteil von über einer Milliarde ist dafür vorgesehen, die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in den Oststaaten zu verringern. Knapp 200 Millionen sind für die Migrationsproblematik vorgesehen.

Einzig die SVP wehrte sich gegen die Osthilfe. «Die SVP stemmt sich gegen alle Versuche, die Schweiz an die EU anzuschrauben», sagte SVP-Nationalrat Roger Köppel (54, ZH) in der Debatte. «Die SVP ist kategorisch und grundsätzlich gegen die Kohäsionsmilliarde.»

Schweiz soll an EU-Programmen teilnehmen

In der Aussenpolitischen Kommission hatte eine Minderheit zudem den Bundesrat auch gleich beauftragen wollen, mit der EU die Teilnahmebedingungen für verschiedene EU-Förderprogramme zu verhandeln. Schon 2020 sollte er zum Bildungsprogramm «Erasmus+», zum Forschungsprogramm «Horizont Europa» und zum Kulturprogramm «Kreatives Europa» eine Botschaft samt Verpflichtungskrediten vorlegen.

SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (59, BL) warb für den Zusatz, damit die Vorlage zu einem «Bundesbeschluss zur europäischen Zusammengehörigkeit» wird. Das sei ein Signal an Brüssel, dass sich die Schweiz in Europa engagieren und zusammenarbeiten wolle. «Das macht die Türen auf zu guten Präzisierungen beim Rahmenabkommen mit der EU», zeigte sich Nussbaumer überzeugt.

«Wir müssen das EU-Dossier mit neuem Elan und Mut angehen», befand auch Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (39, BS). Das Parlament solle ein Zeichen für eine engere ZUsammenarbeit und Solidarität an die EU senden. Mit Blick auf das neu zusammengesetzte Parlament meinte sie zudem: «Damit bekräftigen wir den Neuaufbruch!»

Die Gegner hingegen mochten die Kohäsionsmilliarde nicht mit zusätzlichen Dossiers vermischen. «Sie betreiben Symbolpolitik», sagte CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (55, BL) an die Adresse Nussbaumers. Komme der Vorschlag durch, werde die Vorlage weiter verzögert, warnte sie. Ihre Fraktion werde alles daran setzen, dass die Schweiz bei Bildung, Forschung und Kultur mit an Bord bleibe. Das gehöre aber nicht in diese Vorlage.

Der Nationalrat lehnte den Minderheitsvorschlag denn auch mit 110 zu 86 Stimmen ab. Damit sind sich die beiden Kammern einig – die Beschlüsse sind damit definitiv angenommen.

SVP verpasste Referendum

Was die SVP an der ganzen Sache besonders ärgert: Der Beschluss untersteht nicht dem Referendum. Denn mit einem speziellen Osthilfe-Gesetz wurde schon 2016 die Grundlage für die Unterstützungszahlung geschaffen – und da hat die SVP das Referendum verpasst.

Doch wer weiss, vielleicht bekommt die Rechtspartei doch noch eine Chance. Denn das Osthilfe-Gesetz läuft 2024 aus. Liegen sich die Schweiz und die EU bis dahin weiter in den Haaren und bleibt die Kohäsionsmilliadre blockiert, kommt es dereinst vielleicht doch noch zu einem Volksentscheid.

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