Sogar Linke und Junge sehen sie positiv
Die Armee verliert ihre Feinde

Die Schweizer stehen wieder hinter ihrer Armee. Sogar Linke und Junge sehen sie positiv. Damit bekommt das VBS Aufwind für den Kampfjet-Ersatz.
Publiziert: 05.06.2017 um 11:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 10:40 Uhr
Eine Truppe in Hochform: Die Armee erhält Zustimmungsraten wie zuletzt im Kalten Krieg. 82 Prozent der Bevölkerung halten sie für notwendig.
Foto: Keystone
Benno Tuchschmid

Für Linke und Junge war die Armee ein Übel, das es abzuschaffen galt: 1989 stimmten 35,6 Prozent für eine Schweiz ohne Armee. Und noch vor drei Jahren holte eine linke Allianz den Gripen vom Himmel.

Doch nun hat die Stimmung gedreht. Die Armee verliert gerade ihren letzten Feind – den Feind im Innern.

Die Jungen weniger armeekritisch als früher

58 Prozent der politisch links eingestellten Schweizer Bürger halten die Armee inzwischen für nötig. Dies geht aus der Studie «Sicherheit 2017» hervor. «Die Linken sind so armeefreundlich wie nie seit Anfang der 90er-Jahre», sagt Tibor Szvircsev Tresch (50), Dozent an der Militärakademie der ETH Zürich und Autor der Studie. Neben den Linken hat auch eine weitere Bevölkerungsgruppe ihre Einstellung zur Armee geändert: die Jungen.

Drei Super Hornets der US Air Force über dem Nordirak. Dieser Einsatz zielte gegen den IS. Die Super Hornet ist eine weitgehende Neuentwicklung der bisherigen F/A-18, wie sie schon heute bei der Schweizer Luftwaffe im Einsatz steht. Sie ist allerdings deutlich grösser als die bisherige F/A-18 und viel stärker auf den Kampf gegen Ziele am Boden als für die Luftpolizei ausgelegt. Bei der letzten Evaluation wollte Boeing keine Offerte einreichen. Stückpreis 2008: 53 Millionen Franken.
Foto: Staff Sgt. Shawn Nickel



70 Prozent der 20- bis 29-Jährigen sind der Armee gegenüber positiv gestimmt. Szvircsev Tresch: «Die junge Generation ist geprägt durch 9/11 und hat dadurch eine positivere Einstellung zur Armee als die früheren jungen Generationen.»

Ein Heer im Umfragehoch, mit Zustimmungswerten wie zuletzt im Kalten Krieg: 82 Prozent der Bevölkerung finden die Schweizer Armee notwendig, 46 Prozent sagen, sie nehme in der Gesellschaft eine zentrale Rolle ein. So viele wie seit 40 Jahren nicht mehr. Früher sah sich das Land als Armee, heute steht es zumindest wieder hinter ihr.

Reaktion auf internationale Konflikte

Gemäss Szvircsev Tresch haben den Stimmungsumschwung massgeblich der Ukraine-Konflikt und die Flüchtlingskrise beeinflusst: «Beide erhöhen in der Bevölkerung den Wunsch nach einer starken Armee.»

Tatsächlich begann sich das Sicherheitsempfinden in der Bevölkerung kurz nach dem Gripen-Debakel 2014 zu verschlechtern. Heute blicken die Schweizer pessimistisch in die Zukunft: 73 Prozent glauben, dass sich die weltpolitische Lage weiter verdüstern wird.

Schlechte Zeiten sind gut für die Armee. Und sie sind gut für Rüstungsprojekte. Beim Ersatz der F/A-18-Jets könnte der Stimmungsumschwung entscheidend werden, erklärt Hans Ulrich Jost (76). Nach Einschätzung des emeritierten Professors für Geschichte an der Universität Lausanne mussten in der jüngeren Schweizer Geschichte zwei Bedingungen für eine erfolgreiche Flugzeugbeschaffung erfüllt sein: «Eine gefühlte Bedrohung bei der Bevölkerung. Und eine gesunde Finanzlage. Beides trifft derzeit grundsätzlich zu.»

Eine Mehrheit akzeptiert das Budget der Armee

Die Bevölkerung ist bereit, für die Sicherheit Geld auszugeben. 66 Prozent der Befragten sind gemäss der ETH-Studie zufrieden mit dem Verteidigungsbudget oder wollen es gar erhöhen. Nur gerade 34 Prozent halten es für zu hoch – der tiefste Wert seit Beginn der Messung 1986. Ein Selbstläufer wird der Ersatz der F/A-18 Flotte dennoch nicht.

Bei der Gripen-Abstimmung sorgten unklare Anforderungsprofile an das Kampfflugzeug für Verwirrung in der Stimmbevölkerung. Gemäss Historiker Jost, einst selbst Militärpilot, sei die Luftwaffe seit ihrer Gründung einem «Wechselbad der Einsatzdoktrin» ausgesetzt.

«Das Militärdepartement wechselt alle paar Monate die Strategie der Luftwaffe. Es gibt dort zu viele Beamte, die nicht wissen, was sie mit der Zeit anfangen sollen – und dann am Schreibtisch Planspiele durchführen.» Einst wollten die Armeestrategen einen Jet, der fähig sei, eine Atombombe nach Moskau zu bringen. Heute stünden Erdkampftauglichkeit, Luftpolizeidienst und Abfangfähigkeiten auf dem Wunschzettel.

Fast scheint es, als könne heute nur noch die Armee einen neuen Kampfjet verhindern.

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