So wird Cassis die Schweizer Aussenpolitik verändern
Jetzt kommt der Rechtsrutsch im EDA

Ignazio Cassis wird am 1. November das Aussendepartement übernehmen. Aussenpolitisch wird die Schweiz künftig rechter ticken. Nur beim EU-Dossier ist das nicht sicher.
Publiziert: 23.09.2017 um 16:23 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:14 Uhr
Weiter rechts: Der neu gewählte Bundesrat Ignazio Cassis (l.) und der scheidende Bundesrat Didier Burkhalter feiern nach der Wahl in Bern.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Ignazio Cassis (56) ist ein angenehmer Mensch. Und doch gab er in seiner Wahlkampagne den knallharten Aussenpolitiker. Die Zuwanderung müsse stärker gedrosselt werden, sagte der neu gewählte Bundesrat vor einer Woche im BLICK-Live-Talk. «Wir können nicht ganz Afrika in Europa aufnehmen», diktierte er auch der NZZ ins Mikrofon.

Das tönt ganz anders als bei seinem Vorgänger. Didier Burkhalters (57) Herz schlug in diesen Themen klar links: Nie verschloss er seine Augen vor der Not der Menschen. Auch wenn er die irreguläre Migration als Problem anerkannte, appellierte er immer wieder an das humanitäre Gewissen der Schweiz.

Neuer Wind im EDA

Mit Cassis im Aussendepartement EDA wird wohl ein neuer Wind einziehen. Das lässt sich aus seinem Abstimmungsverhalten im Nationalrat ablesen. Zwar lehnte er im Herbst 2014 eine Motion aus den Reihen der SVP ab, die forderte, dass nur noch jene Staaten Entwicklungshilfe bekommen, die sich in einem Abkommen verpflichten, ihre Migranten wieder zurückzunehmen.

Gleichzeitig aber sprach er sich in diesem Sommer dafür aus, Entwicklungshilfe an eine allgemeine Kooperation im Migrationsbereich zu koppeln. Burkhalter hatte diese strikte Vorgabe abgelehnt.

Zudem hat Cassis im Juni für eine Plafonierung der Gesamtausgaben für die Entwicklungshilfe gestimmt. Burkhalter hatte einen leichten Ausbau beantragt – und konnte sich dank den Mitte-links-Parteien und drei FDP-Abweichlern knapp durchsetzen.

Das zeigt: Hält Cassis sein Versprechen und «bleibt, wer er ist», wird es in den zentralen Themen Entwicklungshilfe und Migration zu einem Rechtsrutsch im Bundesrat kommen. 

Grosses «Reset»-Versprechen

Auch beim umstrittensten aussenpolitischen Thema – der Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zur EU – hat Cassis harte Kante gezeigt und damit die Stimmen der SVP gewonnen: Nur schon das Wort «Rahmenabkommen» sei derart vergiftet, dass man damit nichts mehr anfangen könne, sagte er vor seiner Wahl in die Landesregierung. 

Doch Cassis will nicht nur das Etikett ändern. Auch Gefäss und Inhalt müssten angepasst werden: Der Bundesrat müsse den «Reset-Kopf» drücken und eine komplett neue Auslegeordnung machen, forderte er. Ein grosses Versprechen – an dem er gemessen werden wird.

Das wird der SVP schmecken

Wo genau der neue EDA-Chef den Ausweg aus der europapolitischen Sackgasse sieht, wird wohl noch einige Zeit unklar bleiben. Denn Cassis will sich 100 Tage nehmen, bevor er sich inhaltlich äussert.

Dennoch findet sich auch in diesem Dossier ein Hinweis auf die zukünftige Marschrichtung – und die wird der SVP gar nicht schmecken: Erst in diesem Juni kam im Nationalrat nämlich eine parlamentarische Initiative der SVP zur Abstimmung, die ein Verbot des Rahmenabkommens forderte. Cassis stimmte Nein. 

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