So war Tag 1 der Corona-Session
Zehn Pizzen, einige Masken und ein Feldstecher

Für einmal tagt das Parlament nicht im Bundeshaus, sondern am Berner Stadtrand in einer Messehalle. Eine neue Situation, die ganz eigene Probleme birgt. Doch Not macht erfinderisch.
Publiziert: 04.05.2020 um 20:29 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2020 um 19:19 Uhr
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Ungewohnte Umstände: Die CVP-Nationalräte Martin Candinas (links) und Fabio Regazzi machen Selfies an der Corona-Session.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser, Sermîn Faki

Lediglich kalte Sandwiches statt ein feines Zmittag? Nicht mit mir, sagte sich SVP-Nationalrat Christian Imark (38). Kurzerhand bestellte der Solothurner am Montag zehn Pizzen, die er gemeinsam mit SVP-Kollegen in der Frühlingssonne vor dem Messegelände der Bernexpo verdrückte.

Nur eine von vielen kleinen Anekdoten, die den ersten Tag der Corona-Session prägten. Das ausserordentliche Treffen von National- und Ständerat findet diese Wochen wegen der Corona-Regeln nicht im Bundeshaus, sondern in den Bernexpo-Hallen statt.

Levrat fühlt sich an DDR erinnert

Und daran müssen sich alle gewöhnen. Es herrsche «ein bisschen DDR-Stimmung» in den Hallen ohne Tageslicht, witzelte etwa SP-Chef Christian Levrat (49). Die Freude, die Parlamentskollegen nach sieben Wochen endlich wieder zu sehen, war dennoch gross.

Wobei: Sehen ist übertrieben. Die Halle, in der die 200 Nationalräte tagen, ist so riesig, dass man einander mit blossem Auge kaum erspähen kann. Was die Baselbieter SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger (46) in weiser Voraussicht ahnte: Sie brachte einen Feldstecher mit.

Schweizer Politik auf dem Kopf

Der neue Tagungsort fällt durch weite Wege auf. Und in der «Interviewzone» versteht man das Wort des Gegenübers kaum. Auch sonst ist in Sachen Akustik noch viel Luft nach oben. Absprachen treffen und Allianzen schmieden – das ist auf dem Messegelände nicht möglich.

Dass die Kommunikation wegen der Distanzen aufwendiger werde, glaubt auch FDP-Fraktionschef Beat Walti (51). Allerdings zeigte sich in der Mittagspause, dass die 2-Meter-Abstand-Regel in der Cafeteria nicht immer eingehalten wurde.

Desinfektion am Laufmeter

In den Sälen aber wird pingelig auf Hygiene geachtet. Nach jedem Sprecher werden die Rednerpulte desinfiziert und die Plastiksäckli, die die Mikrofone schützen, ausgewechselt.

Masken sind kaum zu sehen. Die linke Genfer Nationalrätin Stefanie Prezioso (51) trägt eine, doch sie leidet an einer chronischen Atemwegserkrankung. Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (48) stieg am Morgen zwar mit Maske aus dem Tram. Im Saal dann aber sah man ihn «oben ohne», ebenso wie Masken-Königin Magdalena Martullo (50), die die Maske nur zu Gesprächen überzog.

Medien sitzen im Keller

Die Medienvertreter sind ins Untergeschoss verbannt worden. In ihrem Journalistenzimmer stehen ein paar Stühle vor einem Fernseher, auf dem die Debatten laufen. So könnten Medienschaffenden die Ratsdebatten auch auf dem heimischen TV-Gerät mitverfolgen.

Daneben finden sich Holzverschläge, in denen Journalisten ihre Texte schreiben sollen. Die Verschläge erinnern an die Zürcher «Verrichtungsboxen», wobei die Damen des horizontalen Gewerbes an der Limmat nicht in den Keller gesteckt werden.

Kein Wunder, verleidet dem einen oder anderen die Session bereits. So twitterte etwa FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (57), die Juni-Session solle wieder im Bundeshaus abgehalten werden. Geplant ist sie aber erneut auf dem Messegelände.

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Ach so, um Inhalte gings an Tag 1 der Corona-Session natürlich auch. Alle aktuellen Entscheide von National- und Ständerat finden Sie hier.

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