Im Herbst 2015 dürfen die 1997-Jahrgänger zum ersten Mal an Urne! Und immerhin die Hälfte ist an Politik sehr oder zumindest ziemlich interessiert, wie eine von der Eidgenössischen Kinder- und Jugendkommission (EKKJ) in Auftrag gegebene Umfrage bei den 17-Jährigen zeigt. Und gar zwei Drittel haben vor, im Herbst an den Wahlen teilzunehmen.
Die Befragung bei 1990 Jugendlichen zeigt eine eher gemässigte Jugend, die sich in ihren Meinungen nicht allzu sehr von jenen der Eltern entfernt. «Wie die Gesamtbevölkerung tendieren sie zur politischen Mitte», stellt die Studie fest.
Das zeigen auch die Resultate:
> Gegen EU-Beitritt: Wie die Erwachsenen sind die Jugendlichen sehr EU-kritisch. 77 Prozent sind gegen einen EU-Beitritt, nur gerade 9 Prozent dafür. Die jungen Männer sind dabei EU-kritischer als die Frauen.
> Für Personenfreizügigkeit: Zwar wird ein EU-Beitritt abgelehnt, doch die Personenfreizügigkeit mit der EU erachten 62 Prozent der Jungen als «insgesamt gut für die Schweiz». Nur 19 Prozent sind kritisch eingestellt. Allerdings finden 36 Prozent, dass die Personenfreizügigkeit zu einer zu starken Einwanderung führe und deshalb gestoppt werden müsse.
> Gegen Kopftuchverbot: Die Hälfte der Jugendlichen lehnt ein Kopftuchverbot ab, nur ein Drittel ist dafür. Auffallend ist, dass deutlich mehr junge Männer für ein Verbot einstehen als junge Frauen.
> Gegen Cannabis-Legalisierung: Eine Mehrheit von 49 Prozent ist gegen die Legalisierung von Cannabis. Nur 43 Prozent sind dafür. Den Ausschlag geben hier die Cannabis-kritischen Frauen mit 54 Prozent Nein.
> Für Dienst an der Allgemeinheit: Nur ein Drittel der Jugendlichen möchte die Wehrpflicht abschaffen. Allerdings wollen die 17-Jährigen auch keine Ausdehnung der Wehrpflicht auf die Frauen – diese Idee lehnen 67 Prozent ab. Dafür findet die Hälfte, dass die Wehrpflicht durch einen Dienst an der Allgemeinheit ersetzt werden sollte. Eine knappe Mehrheit ist aber dagegen, dass dieser für Frauen und Männer obligatorisch sein soll.
>Gegen Rentenalter-Erhöhung: Die Erhöhung des Rentenalters für Mann und Frau auf 67 Jahre lehnen 71 Prozent ab, nur 19 Prozent sind dafür.
> Für mehr ÖV: Eine klare Mehrheit der 17-Jährigen wünscht sich, dass der öffentliche Verkehr stärker gefördert wird als der private Verkehr.
> Für Sexualkunde: Bezüglich Schulstoff spricht sich eine klare Mehrheit von 59 Prozent für Sexualkunde in der Primarschule aus. Drei Viertel möchte aktuelle politische Themen in der Schule diskutiert wissen. Das Erlernen der Schweizer Nationalhymne in der Schule befürworten nur 31 Prozent, 55 Prozent sind dagegen.
> Gegen traditionelles Familienmodell: Bezüglich Familienorganisation bevorzugen 39 Prozent das Modell, wonach der Vater Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet. Ein Drittel wünscht sich, dass beide Teilzeit arbeiten. Immerhin ein Fünftel bevorzugt sich das traditionelle Familienmodell mit dem Vater als Ernährer und der Mutter als Vollzeit-Hausfrau. Bei Letzterem gehen die Meinungen bei Männern und Frauen besonders auseinander: Nur 15 Prozent der jungen Frauen, aber 29 Prozent der jungen Männer wünschen sich das konservative Modell.
Nüchtern und pragmatisch
Die Befragung zeichne das «Bild einer Generation, die sich durch Nüchternheit, Pragmatismus und eine gewisse Berechenbarkeit auszeichnet», zeihen die Studienautoren Fazit. «Diese jungen Menschen träumen weder von einer egalitären Gesellschaft noch vom Umsturz – sie sorgen sich stattdessen wie ihre älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger um die Einwanderung, ihre eigene berufliche Zukunft und tendieren politisch zur soliden Mitte.»
Auffallend seien aber teils grosse Differenzen zwischen ausländischen und schweizerischen Staatsbürgern sowie zwischen den Geschlechtern. Darin sehen die Autoren ein gewisses Konfliktpotenzial, welches im Auge behalten werden müsse.
«Der erfreulichste Aspekt der Befragung ist zweifellos, dass sich junge Erwachsene an der Schwelle zu Volljährigkeit lieber aktiv beteiligen anstatt andere über ihren Kopf hinweg entscheiden zu lassen», kommt EKKJ-Präsident Pierre Maudet zum Schluss. «Dies setzt in Zeiten politischer und sozialer Unwegsamkeiten ein starkes Zeichen.»