Die EU-Abneigung der Blochers ist legendär. Steuervorteile in EU-Ländern nutzt der Familienkonzern Ems aber gerne aus. Die Blochers haben ein Netz von Konzerngesellschaften aufgespannt. Firmen liegen auch in Steuerparadiesen wie Luxemburg und der Kanalinsel Guernsey.
Nun forciert der Blocher-Konzern seine Strategie. Auf den 1. Juli 2014 hat die von Magdalena Martullo-Blocher geführte Ems-Chemie ihr sogenanntes Factoring in Luxemburg gebündelt. Per Brief wurden die Kunden informiert, dass «sämtliche offenen und künftigen Forderungen an die luxemburgische Tochter abgetreten» wurden. Ems-Kunden müssen ihr Geld neu auf das Zürcher UBS-Konto der luxemburgischen Ems-Tochterfirma überweisen.
Ein Steuertrick: Indem Ems das Inkasso ins steuergünstige Luxemburg auslagert, kann sie diesen Teil ihrer Aktivitäten dort versteuern. Das Nachsehen haben die Schweiz und allenfalls andere Ems-Standorte, an denen bisher Factoring-Leistungen erbracht wurden.
Gegründet hat die Ems ihre Tochterfirma am 21. Juni 2012. Domiziliert ist diese in einem Bürokomplex in der Nähe des Flughafens Luxemburg.
Im Jahr 2012 betrugen die Personalkosten der Ems Luxemburg exakt null Euro. Trotzdem wies die Firma einen Gewinn von 693 284 Euro aus. Viel Profit, kein Personal – für Steuerexperten, die BLICK kontaktierte, ist das «sehr erklärungsbedürftig». Ems erklärt, dass die Kosten für einen Mitarbeiter im Gründungsjahr noch als externe Kosten verbucht wurden. Und «Ab 2013 waren alle Mitarbeiter dann vor Ort tätig.»
Dokumente zeigen auch, wie lukrativ Luxemburg als Ems-Steuerstandort ist. Bei einem Gewinn von 693 284 Euro fielen 2012 nur 9268 Euro Steuern an. Die Steuerbelastung betrug also nur 1,3 Prozent. Selbst in der steuergünstigsten Gemeinde der Schweiz ist die Belastung um ein Vielfaches höher. Kein Wunder, will der Blocher-Konzern die hervorragenden Bedingungen in Luxemburg stärker nutzen.
Befragt zur luxemburgischen Tochtergesellschaft, erklärt Ems-Sprecher Conrad Gericke: Die Gesellschaft sei 2012 gegründet worden, weil sie sich aufgrund der geografischen Nähe zu Kunden, etwa zur Autobranche, und der Mehrsprachigkeit gut für internationale Tätigkeiten eigne. Das internationale Factoring werde aber erst seit Juli 2014 von Luxemburg aus gemacht. «Ems Luxemburg beschäftigt inzwischen rund ein halbes Dutzend Mitarbeiter, vier von ihnen im Bereich Factoring.» Der Ort der Versteuerung von Umsatz und Gewinn ändere sich durch das Factoring nicht, so Gericke.
Laut Steuerexperten geht es beim Factoring-Trick aber sehr wohl auch um Steueroptimierung. Alfred Storck, Professor für Internationales Steuerrecht an der Universität St. Gallen, sagt: «Wenn Unternehmen das Factoring ins Ausland verschieben, stehen neben Finanzierungsüberlegungen in der Regel auch steuerliche Gründe im Vordergrund, etwa die Vermeidung der Verrechnungssteuer.» Gemäss Gericke fällt das EMS-Factoring aber nicht unter die Verrechnungssteuer.
Der Factoring-Trick ist prinzipiell legal. Jedenfalls wenn die Tochtergesellschaft über genügend Ressourcen verfügt, damit sie die erzielten Gewinne selbst erwirtschaften konnte. Werden Gewinne indes künstlich aufgebläht, muss der Steuervogt eingreifen.
Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden will sich zum Factoring der Ems-Gruppe nicht äussern. Sie verweist auf das «strikte Steuergeheimnis».