So soll sich die Schweiz für den Corona-Herbst wappnen
Kantone sollen krampfen, Bund will nur noch beraten

Ab Freitag ist die Schweiz zurück in der Normalität. Das heisst: Ab dann stehen die Kantone in Sachen Corona in der Pflicht. Wenn es nach dem Bund geht, soll es auch im Herbst so bleiben. Selbst dann, wenn die Pandemie mit voller Wucht zurückkehrt.
Publiziert: 30.03.2022 um 21:47 Uhr
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Am Mittwoch hat Alain Berset vorerst ein letztes Mal über die Corona-Entscheide des Bundesrats informiert.
Foto: keystone-sda.ch
Gianna Blum

Nach über zwei Jahren Pandemie verschwindet am Freitag auch noch das letzte sichtbare Überbleibsel der Corona-Massnahmen: die Maske im Tram und Zug. Auch die Pflicht, sich nach einem positiven Corona-Test zu isolieren, entfällt. Und: Die «besondere Lage» nach Epidemiengesetz ist Geschichte – die Schweiz ist wieder «normal».

Ganz vorbei ist es aber noch nicht. Bis im Frühling 2023 befinde sich die Schweiz in einer Übergangsphase, die es nötig mache, wachsam zu bleiben und schnell zu reagieren, wie es einem Papier des Bundesrats heisst, das den Kantonen zur Konsultation geschickt wurde. Aufgabe des Bundes soll das aber nicht mehr sein: Der Bundesrat gibt die Verantwortung für das Corona-Management an die Kantone zurück – und zwar mit voller Wucht.

Kantone bleiben auch im Ernstfall zuständig

Selbst wenn eine erneute Welle im Herbst die Spitäler ans Limit bringt, hat der Bundesrat nicht vor, die Kantone zu übersteuern. Nur in zwei Fällen sei es denkbar, dass die Schweiz wieder in die «besondere Lage» zurückkehre: wenn die neue Welle schlimmer ausfalle als alle bisherigen oder wenn eine neue Entwicklung, wie zum Beispiel eine neue Virusvariante oder sogar ein neues Virus, die Spielregeln ganz ändere.

Ansonsten sollen sämtliche Corona-Massnahmen – von Maskenpflicht über Schulschliessungen bis hin zu Veranstaltungsverboten – Sache der Kantone sein. Zwar könnte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) diesen auch in der normalen Lage Massnahmen vorschreiben. Vorgesehen ist das aber nicht: Auch wenn etwa eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr «sinnvollerweise schweizweit gelten sollte, ist dies kein Argument, dass nur der Bund diese Massnahme ergreifen soll», heisst es im Papier.

Reserven nötig, Geld auch

Die Kantone haben aber nicht nur in künftigen Wellen die volle Verantwortung, sondern auch in der Zeit bis dahin. So sollen sie Strukturen, etwa fürs Testen oder Impfen, so weit erhalten, dass sie schnell wieder aktiviert werden können. Tests etwa sollen auch weiterhin für die gesamte Bevölkerung zugänglich sein, Ausbruchstests bei Corona-Hotspots sichergestellt werden.

Auch bei den Spitälern sollen die Kantone an die Arbeit. Mehr Reserven, um bei erneuten Corona-Wellen Spitäler und Personal zu schonen, seien aus seiner Sicht nötig, schreibt der Bundesrat. Der Bund werde diese mangels gesetzlicher Grundlage aber nicht finanzieren. Das dürfte auf erbitterten Widerstand stossen.

Bund berät und bezahlt

Der Bund selbst soll sich aufs Beraten, Koordinieren und teilweise Bezahlen beschränken. Konkret soll er weiterhin die Entwicklung der Pandemie überwachen, ebenso die Spitalkapazitäten. Auch allfällige Regelungen im Reiseverkehr sind weiterhin Sache des Bundes. Und ebenso Impfstoffe und Medikamente zu beschaffen sowie die Contact-Tracing-Datenbank und – falls nötig – Covid-Apps oder Zertifikate zu erstellen.

Und selbst wenn die Kantone für die Umsetzung der Teststrategie zuständig sind: Die Kosten dafür berappt weiterhin der Bund. Auch die Impfempfehlungen wird weiterhin der Bund liefern. Eine könnte gar schon bald kommen: Es sei davon auszugehen, dass «spätestens im Herbst 2022 eine Auffrischimpfung der Bevölkerung oder für Teile davon» nötig sein wird.

Mit dem oft kritisierten Durchregieren des Bundesrats soll es vorbei sein – und zwar mit allen Konsequenzen. Ob die Kantone den Ball auch so aufnehmen, wird sich noch zeigen: Sie haben nun bis 22. April Zeit, Stellung zu nehmen.

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