Post geht auf Brautschau für Filialen
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Grosser Strategiewechsel:Post geht auf Brautschau für Filialen

So sieht der nächste grosse Umbau beim gelben Riesen aus
Post geht auf Brautschau für Filialen

Der gelbe Riese baut um und bremst den Abbau bei den Poststellen. Konzernchef Roberto Cirillo will drei Milliarden Franken in die «Post von morgen» investieren.
Publiziert: 14.05.2020 um 23:01 Uhr
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Schluss mit dem Kahlschlag: Postchef Roberto Cirillo will künftig keine weiteren Poststellen schliessen.
Foto: Keystone
Pascal TIschhauser, Gianna Blum

Seit Jahren sorgt der gelbe Riese mit seinem Kahlschlag bei den Poststellen für Schlagzeilen. Landauf, landab. Der Unmut darüber ist riesig in der Bevölkerung: In Muotathal haben sich sogar Seniorinnen gegen das Ende «ihrer» Post gestemmt. Die Gewerkschaften gingen auf die Barrikaden. Es war von einer Volksinitiative die Rede, um die Schliessung weiterer Filialen zu verunmöglichen. Doch das war alles vor der Krise.

Während des Corona-Lockdowns war der Päckli-Pöstler an der Haustüre für viele in der Schweiz einer der wenigen Kontakte nach draussen. Auf die gelben Helfer war Verlass. So wie die Ansteckungszahlen wuchsen, schwollen auch die Päckli-Türme an – doch die Post bringts. Von diesem Goodwill profitiert der Postchef Roberto Cirillo (48) nun. Und schliesslich war es nicht er, der den Kahlschlag einleitete. Und der Tessiner war auch noch nicht dabei, als die Postauto-Affäre den gelben Riesen wanken liess.

Gute Kunde vom neuen Chef

Unvorbelastet kann CEO Cirillo zusammen mit dem Verwaltungsrat den Konzern umbauen. Und tatsächlich hat er gute Kunde: Zwar stoppt die Schweizerische Post den Filialabbau nicht sofort, doch Ende Jahr ist Schluss. Die Post will ein Filialnetz mit 800 selbstbetriebenen Filialen behalten.

Als Cirillo am Donnerstag die Vierjahresstrategie «Post von morgen» präsentierte, skizzierte er die Post von vorgestern – aber im guten Sinn. Eben nicht die Post, die quasi gestern noch die halbe Spitze auswechseln und über 200 erschlichene Subventionsmillionen zurückzahlen musste.

Nein, Cirillo präsentierte wieder jene Post, bei der der Briefträger neben Rechnungen und Ansichtskarten auch noch die Päckli bringt. Und er zeigte in der Videokonferenz eine Post, die wieder stolz ist auf ihr Filialnetz.

Aber was ändert sich denn nun?

Für den Kunden bedeutet der grosse Post-Umbau auf den ersten Blick keine wesentlichen Änderungen. Wenn seine Filiale nicht zu den längst bekannten Schliessungsopfern gehört, kann er weiterhin bei ihr von den gängigen Postdienstleistungen profitieren. Aber: Künftig stehen die Poststellen auch Drittanbietern offen. Welchen genau, ist noch unklar – es ist aber möglich, dass man dereinst neben dem Päckliaufgeben auch gleich noch eine Versicherung abschliessen kann. Vielleicht gibt es auch Angebote aus dem Gesundheitsbereich, oder man kann den Behördengang gleich erledigen. Diese Partner sollen der Post helfen, das Defizit des Poststellennetzes in einem erträglichen Rahmen zu halten.

Und eben: Neu sollen vermehrt die Päckli zusammen mit den Briefen schon am Morgen vorbeigebracht werden. Weil immer mehr Pakete versandt werden, aber immer weniger Briefe, legt die Post die beiden Bereiche zusammen. Dies mit dem Ziel, dass die heutigen Briefpöstler die Päckli-Sortierer mehr und mehr unterstützen können. Reine Briefzentren werden zu Brief- und Paketzentren ausgebaut. Neue Zentren sollen entstehen. Über drei Milliarden Franken will die Post in den nächsten vier Jahren für den gesamten Umbau des Konzerns aufwenden.

Für die Mitarbeitenden ändern sich teilweise Aufgaben und Funktionen. Die Stellen sollen aber gesichert bleiben, verspricht die Post. Gerade auch, weil eine grosse Pensionierungswelle ansteht. Und auch dass das Poststellennetz in eine eigene Aktiengesellschaft ausgelagert wird, soll entgegen den Befürchtungen von Gewerkschaftsseite keine Auswirkungen auf den Gesamtarbeitsvertrag haben, versichert Cirillo.

Beim Bund bedeutet der grosse Post-Umbau vor allem, dass die Politik nun endlich ernsthaft über die Aufhebung des Kredit- und Hypothekenverbots bei der Post-Tochter diskutieren soll. «Wir kämpfen hier mit ungleich langen Spiessen mit der Konkurrenz», so Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller (67) dazu. Bisher aber hatte die Politik diesen Schritt abgelehnt.

Interessant für den Bund, aber auch für Gemeinden und KMU dürfte der angekündigte Ausbau im neuen Konzernbereich Kommunikation-Services werden. Damit will die Post am Geschäft mit der Digitalisierung teilhaben. Ein Geschäft wittert die Post beispielsweise bei E-Health-Dienstleistungen, also der sicheren Kommunikation mit vertraulichen Daten im Gesundheitswesen.

Der neue Konzernchef Cirillo will für die Post von vorgestern viel Geld in die Hand nehmen, wohl gar Immobilien verkaufen und sich eventuell sogar was pumpen. So soll der gelbe Riese die Zukunft meistern.

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