Avenir Suisse will eine Debatte darüber anstossen, welchen aussenpolitischen Weg die Schweiz einschlagen will. Wollen wir uns ins Réduit zurückziehen? Oder uns der Welt öffnen? Im diese Woche präsentierten Weissbuch zeigt die liberale Denkfabrik sechs Szenarien für eine Schweiz im Jahr 2030 auf und weist auf Folgen, Chancen und Risiken der jeweiligen Entscheidungen hin.
Der Wunsch nach einer Debatte kommt nicht von ungefähr: Die politische Schweiz zögert, die schwierige Frage nach Identitätsbewahrung und Öffnung zu beantworten. Aber wie sehen das eigentlich jene Politiker, die 2030 an den Schalthebeln der Macht – im Parlament oder in Exekutivämtern – sitzen werden? In welcher Schweiz wollen sie leben? BLICK hat die eine Präsidentin und sechs Präsidenten der Schweizer Jungparteien gefragt, welches der Avenir-Suisse-Szenarien sie verwirklichen wollen.
Andri Silberschmidt, Präsident Jungfreisinnige
Ein Land, in dem die persönliche Freiheit gross ist und sich der Staat weitgehend zurückhält: So sieht die Schweiz 2030 von Jungfreisinnigen-Präsident Andri Silberschmidt (24) aus. Er wünscht sich die «globale Oase» – mit einer wichtigen Einschränkung: Die bilateralen Verträge werden nicht gekündigt. Denn sie würden nicht nur Regeln, sondern auch Rechte für die Schweizer enthalten. «Sonst orientiert sich die globale Oase an den Grundsteinen des Schweizer Erfolgs: Freiheit, Verantwortung, Fortschritt.»
Tino Schneider, Präsident Junge CVP
Könnte JCVP-Präsident Tino Schneider (27) bestimmen, herrscht in der Schweiz im Jahr 2030 die «tragfähige Partnerschaft». «Eine Regelung des Verhältnisses zur EU, ohne dabei selber Mitglied der Union zu werden, ist im Interesse von Bevölkerung und der Wirtschaft», sagt er. Die Aufgabe der direkten Demokratie, des Föderalismus und des Frankens kommt für Schneider nicht in Frage – egal, zu welchem Zeitpunkt. «Diese Elemente gehören fix zu unserer Identität, und sie sind die Bausteine für das Erfolgsmodell Schweiz.»
Tamara Funiciello, Präsidentin Juso
Juso-Chefin Tamara Funiciello (28) passt keines der Szenarien von Avenir Suisse. Sie hat eine ganz eigene Wunschvorstellung: «Im Jahr 2030 hat die Schweiz dem Rechtspopulismus die Rote Karte gezeigt. Menschen ohne Schweizer Pass werden nicht mehr diskriminiert, Frauen sind endlich gleichgestellt, und die Superreichen werden gerecht besteuert», erklärt sie. Das Wirtschaftssystem orientiere sich am Wohl der Menschen weltweit. «Die Schweiz soll sozial, gerecht und frei sein.»
Luzian Franzini, Co-Präsident Junge Grüne
Auch Luzian Franzini (22) will sich nicht auf ein Wunsch-Szenario festlegen. Der Co-Präsident der Jungen Grünen wünscht sich, dass die Schweiz 2030 wie im Modell «Tragfähige Partnerschaft» ein Rahmenabkommen mit der EU abgeschlossen hat – oder dem «skandinavischen Weg» folgend der EU beigetreten ist. Er ist überzeugt: «Bis 2030 wird sich die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass wir die drängenden Probleme von heute nur auf internationaler Ebene lösen können.» Gleichzeitig müsse die Schweiz auch Bedingungen stellen, zum Beispiel in Form von Umweltstandards bei Importen.
Benjamin Fischer, Präsident JSVP
Benjamin Fischer (27), Präsident der Jungen SVP, wünscht sich nicht ein einzelnes Szenario, sondern eine Dreier-Kombination: «Selbstbestimmter Rückzug», «Club Schweiz» – und ein bisschen vom Szenario «Globale Oase». «Denn für mich ist klar: Die Schweiz wird nicht Mitglied der EU, sie soll politisch unabhängig und neutral sein, aber gleichzeitig ökonomisch weltweit vernetzt», sagt Fischer. Dazu gehört für ihn die Kündigung des Personenfreizügigkeits-Abkommens. «Wo Wirtschaft und Selbstbestimmung in Konflikt geraten, hat die politische Autonomie Vorrang.»
Nico Planzer, Präsident der JBDP
Gehts nach Nico Planzer (22), Präsident der Jungen BDP, wählt die Schweiz 2030 das Szenario «Tragfähige Partnerschaft». «Die Beziehung der Schweiz mit der EU soll durch einen fairen Rahmenvertrag geregelt werden, der die Eigenständigkeit der Schweiz sichert und die Weiterentwicklung der Partnerschaft umfassend regelt», sagt er. Der bilaterale Weg soll gar in der Verfassung verankert sein. Streitfälle mit der Europäischen Union sollen, wie dies das Szenario von Avenir Suisse vorsieht, vor ein Schiedsgericht kommen.
Pascal Vuichard, Co-Präsident der JGLP
Nicht entscheiden mag sich hingegen Pascal Vuichard, Co-Präsident vom grünliberalen Nachwuchs. «Die sechs Szenarien von Avenir Suisse sind bewusst pointiert formuliert», erklärt er. Am sympathischsten sei der JGLP die «tragfähige Partnerschaft». Gleichzeitig aber müsse sich die Schweiz innerhalb von Europa differenzieren können. «Darum setzen wir auch auf Elemente wie offene Märkte, Wettbewerb, Stärkung der Eigenverantwortung, wie sie das Szenario ‹Globale Oase› vorsieht.»
Wohin bewegt sich unser Land? Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse sieht sechs Szenarien für eine Schweiz im Jahr 2030. Erstens den «selbstbestimmten Rückzug», bei dem die Schweiz die Personenfreizügigkeit kündigt und sich zunehmend einigelt.
Das Gegenteil wäre die «globale Oase» mit knallhartem Wettbewerb: Der Staat beschränkt sich auf das Nötigste, der Markt regiert.
Möglich wäre auch ein «Club Schweiz» mit hohen Zugangsregeln. Den internationalen Austausch regelt das Freihandelsabkommen von 1972.
Die «tragfähige Partnerschaft» ist der Weg des Bundesrats: Die Schweiz schliesst ein Rahmenabkommen mit der EU ab.
Noch weiter geht das Szenario «europäische Normalität»: Die Schweiz tritt der EU bei und übernimmt den Euro, darf aber ein bisschen direkte Demokratie behalten.
Letzte Möglichkeit, die Avenir Suisse sieht, ist der «skandinavische Weg». Auch hier ist die Schweiz EU-Mitglied, behält aber den Franken. Dafür wird der Föderalismus geopfert, der Sozialstaat ausgebaut.
Wohin bewegt sich unser Land? Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse sieht sechs Szenarien für eine Schweiz im Jahr 2030. Erstens den «selbstbestimmten Rückzug», bei dem die Schweiz die Personenfreizügigkeit kündigt und sich zunehmend einigelt.
Das Gegenteil wäre die «globale Oase» mit knallhartem Wettbewerb: Der Staat beschränkt sich auf das Nötigste, der Markt regiert.
Möglich wäre auch ein «Club Schweiz» mit hohen Zugangsregeln. Den internationalen Austausch regelt das Freihandelsabkommen von 1972.
Die «tragfähige Partnerschaft» ist der Weg des Bundesrats: Die Schweiz schliesst ein Rahmenabkommen mit der EU ab.
Noch weiter geht das Szenario «europäische Normalität»: Die Schweiz tritt der EU bei und übernimmt den Euro, darf aber ein bisschen direkte Demokratie behalten.
Letzte Möglichkeit, die Avenir Suisse sieht, ist der «skandinavische Weg». Auch hier ist die Schweiz EU-Mitglied, behält aber den Franken. Dafür wird der Föderalismus geopfert, der Sozialstaat ausgebaut.