So rettet Gemeindepräsident Martin Farner die Poststelle von Oberstammheim ZH
Keine Zeit für Ruoffs Leute

Der Oberstammheimer Gemeindepräsident empfängt die Post-Mitarbeiter nicht, die seine Poststelle dichtmachen wollen. Ohne Gespräch mit den Totengräbern gibts keine Post-Beerdigung, so das Motto seines stillen Protests.
Publiziert: 14.03.2018 um 23:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:25 Uhr
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Gemeindepräsident Martin Farner leistet stillen Widerstand gegen die Schliessung der Post in Oberstammheim ZH.
Foto: Siggi Bucher
Pascal Tischhauser

Martin Farner (54) hat genug. Der Gemeindepräsident von Oberstammheim ZH ist für Postvertreter nicht zu sprechen: «Bis die Debatte in der Arbeitsgruppe abgeschlossen ist, reden wir nicht über die Schliessung unserer Poststelle.»

Für ihn ist es eine Frechheit, dass die Post ihre Abbaupläne weiterverfolgt, obwohl die Arbeitsgruppe zur Entwicklung des Poststellennetzes, die Postministerin Doris Leuthard (54) ins Leben gerufen hat, noch tätig ist: «Es ist unglaublich, wie die Post nach wie vor wie mit dem Panzer in die Dörfer einfährt, um Poststellen flach zu machen», sagt der FDPler.

Ein reges Kommen und Gehen

Seine Post, die praktischerweise gegenüber dem Altersheim liegt, habe ein Einzugsgebiet von 6000 Leuten, sagt Farner. Während des Fototermins mit BLICK herrscht dort ein reges Kommen und Gehen. Dass sie geschlossen werden soll, weil sie zu wenig frequentiert werde, ist schwer zu glauben.

Aber der gelbe Riese sei fest entschlossen, Oberstammheim die Poststelle wegzunehmen, so der Gemeindepräsident. Alle drei Wochen flatterten ihm Gesprächsanfragen ins Büro. Inzwischen hat Farner seine eigene Abwehrtaktik: Er leistet stillen Widerstand. Oder aus Sicht der Post: Gesprächsverweigerung.

Kein «Rendezvous» mit den «Todesengeln»

Als «Beerdigungsgespräche» bezeichnet ein anderer Gemeindepräsident die Treffen mit den «Todesengeln der Post». Kämen diese «Rendezvous» nicht zustande, könne auch die Poststelle nicht zu Grabe getragen werden, ist er von Farners Methode überzeugt.

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Wegen des Postoauto-Skandals: Die Postauto AG hatte seit mindestens 2007 widerrechtlich zu hohe Subventionen kassiert. Gewinne wurden vor dem Bund versteckt. Um über 200 Millionen Franken beläuft sich der grösste Subventionsbetrug der Schweizer Geschichte.
Foto: Siggi Bucher

Auf ewig können sich Gemeindepräsidenten dem gelben Riesen aber nicht entziehen, das weiss auch Farner. Er hofft, dass er seinen Widerstand so lange aufrechterhalten kann, bis dem Poststellen-Kahlschlag politisch Einhalt geboten wird.

Auch den Poststellenzahlen traut die Öffentlichkeit nicht mehr

Die Post-Spitze um Chefin Susanne Ruoff (60) und Präsident Urs Schwaller (65) betont seit Bekanntwerden des Postauto-Bschisses, dass die Diskussion um das Poststellennetz nichts mit den Subventionsbetrügereien bei den gelben Cars zu tun habe.

Das stimmt – halbwegs: Tatsächlich kam es nach heutigem Wissensstand nur in der Postauto-Sparte zu illegalen Umbuchungen. Aber: Das Vertrauen ist nicht nur in der Postauto-Sparte zerstört. Man traut dem gesamten Konzern nicht mehr. Das ist die Verbindung.

Darum glaubt die Öffentlichkeit auch der Poststellenrechnung nicht: Jüngst informierte der Konzern, der Verlust beim Poststellennetz habe dank Postschliessungen von 190 Millionen Franken im Jahr 2016 auf 160 Millionen im Jahr 2017 reduziert werden können. Kritiker fragen sich aber, ob es der Post gelegen kam, in den Vorjahren einen Verlustanstieg von 110 auf 190 Millionen zu verkünden und ihn nun wieder abschmelzen zu lassen.

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