Er strengt sich an – und kommt trotzdem kaum vom Fleck. Die Rede ist nicht von Sisyphus, sondern von Johann Schneider-Ammann. Bei der repräsentativen Umfrage von OpinionPlus schneidet der FDP-Magistrat schlecht ab. Nur 36,5 Prozent der Befragten, die im Oktober sicher wählen gehen wollen, wünschen sich mehr Einfluss für den Wirtschaftsminister.
JSA, wie er im Bundeshaus genannt wird, hält das Schlusslicht aller Mitglieder der Landesregierung. Und muss sich sogar von SVP-Präsident Toni Brunner (47,9 Prozent) über- und von CVP-Chef Christophe Darbellay (ebenfalls 36,5 Prozent) einholen lassen.
Bitter für Schneider-Ammann: In der Regel schneiden Bundesräte beim Volk besser ab als die im politischen Stellungsgefecht polarisierenden Parteichefs.
Experte: FDP-Aufwind hilft Schneider-Ammann nicht
Für Meinungsforscher Matthias Kappeler (43), der die Umfrage im Auftrag von SonntagsBlick durchgeführt hat, ist das Resultat Schneider-Ammanns überraschend: Trotz Aufwind der FDP in der Umfrage erreiche der freisinnige Wirtschaftsminister die Leute nicht.
«Anders als beim ersten Frankenschock 2010, als Schneider-Ammann noch Unternehmer und Nationalrat war, gelingt ihm dies jetzt nicht mehr.» Damals habe er sich klar positionieren können und bewiesen, dass er das Format für den Bundesrat habe. «Jetzt schafft er es nicht einmal mehr, wahrgenommen zu werden.»
Bundesräte wie Adolf Ogi (73, SVP), Kurt Furgler (1924–2008, CVP), Flavio Cotti (75, CVP) und Otto Stich (1927–2012, SP) hätten es dagegen geschafft, ihr Profil im Amt markant zu schärfen.
Besser sieht es für den zweiten FDP-Bundesrat Didier Burkhalter aus. Der Aussenminister führt die Rangliste souverän an: 61,6 Prozent der Befragten wünschen sich ihn in einer stärkeren Rolle. Burkhalter nutzt seinen Job als Aussenminister optimal für seine Profilierung.
Nicht einmal der Stillstand bei der Umsetzung der SVP-Einwanderungsinitiative – die EU will bald 18 Monate nach dem Ja der Stimmbürger noch immer nicht über eine Anpassung der Personenfreizügigkeit verhandeln – kann ihm etwas anhaben.
Auf dem zweiten Platz folgt der zweite Romand, Innenminister Alain Berset (SP). Von ihm wünschen sich 53,1 Prozent mehr Einfluss. Nach ihm platzieren sich Doris Leuthard (CVP) mit 49,6 und Simonetta Sommaruga (SP) mit 49,1 Prozent fast gleichauf. Leuthard hat nach ihren schwierigen Abstimmungen an Strahlkraft eingebüsst.
Bonus Bundespräsidentin
Sommaruga punktet trotz schwierigen Dossiers (Asyl, EU, Ausschaffungsinitiative) überraschend gut. Wohl auch weil sie 2015 Bundespräsidentin ist – ein klarer Bonus.
Ueli Maurer (SVP) kann, anders als Schneider-Ammann, den Abstand zum Rest der Landesregierung in Grenzen halten (47,9 Prozent) – Balsam für den Verteidigungsminister nach dem Nein zum Gripen und dem Scheitern der Armeereform.
Die Parteipräsidenten von CVP, SP und FDP liegen eng beieinander. Hinter ihnen folgen diejenigen von BDP und GLP, die beiden Parteien mit dem kleinsten Wähleranteil.
Abgeschlagen am Schluss finden sich Regula Rytz und Adèle Thorens, die Co-Präsidentinnen der Grünen. Dies, obschon die Grünen 2011 nahezu auf gleich viele Wähleranteile kamen wie GLP und BDP zusammen. Es ist ein Anzeichen, dass die moderne Doppelführung wohl parteiintern funktioniert, bei der Bevölkerung aber nicht ankommt.