Gäbe es den Denkmalschutz nicht, hätte SVP-Vizepräsidentin Céline Amaudruz (41) ihr Liebesbekenntnis vielleicht längst mit dem Sackmesser ins Pult geritzt. Dank der Corona-Schutzmassnahmen kann die Nationalrätin ihre Zuneigung zu ihrer Partei nun ganz legal kundtun. «I LOVE UDC SVP», schrieb die Genfer Nationalrätin mit rosa Lippenstift auf die Plexiglasscheibe, die ihr Pult umgibt.
Amaudruz ist nicht die Einzige, welche die Corona-Massnahmen im Bundeshaus nutzt, um ihrem Arbeitsplatz einen persönlichen Anstrich zu geben. Hobby-Ornithologin und SVP-Kollegin Sandra Sollberger (46) beklebte ihre Wände mit schwarzen Vogelschutz-Folien – damit kein lustiger Vogel von Nationalrat aus Versehen in die Glaswand kracht, wenn er gerade ein Selfie von sich und dem Plexiglas auf Instagram oder Twitter postet.
«Schalter von 8 bis 19 Uhr geöffnet»
Zwar fluchen viele Politiker laut und gern über die engen Plexiglas-Verschläge, die das Ansteckungsrisiko im Saal minimieren sollen. Auch an Tag zwei der aussergewöhnlichen Herbstsession sind die Stellwände noch immer das Smalltalk-Thema Nummer eins in der Wandelhalle. Von «Verrichtungsboxen» ist bei den einen augenzwinkernd die Rede, von «Aquarium» bei andern. «Schalter von 8 bis 19 Uhr geöffnet», witzelt Grünen-Nationalrat Kilian Baumann auf Instagram.
Während sich die Parlamentarier wahlweise belustigt oder murrend mit den neuen Platzverhältnissen in den Ratssälen arrangieren, tun sie sich beim Thema Masken schwerer. Die Parlamentsdienste empfehlen allen Anwesenden «dringend», ausserhalb der Säle einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Bereits am zweiten Sessionstag haben viele Politikerinnen und Politiker diese Empfehlung aber in den Wind geschlagen. Dabei liessen sich nicht nur Plexiglaswände, sondern auch Masken hervorragend gestalten. Das sollte nicht nur Malermeisterin Sandra Sollberger wissen.